60 Millionen für Film und Orchester

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Medien-Staatssekretär Josef Ostermayer (SPÖ) richtet heute eine Enquete im Parlament aus. Für ein „Gesamtpaket“ inkl. RSO soll der ORF mehr Geld bekommen.

„Die Presse“: Gestern, Mittwoch, trafen einander EU-Experten und Beamte des Bundeskanzleramtes – was ist in Sachen ORF-Verfahren mit Brüssel noch unklar?

Josef Ostermayer: Ich habe mich vergangene Woche mit Kommissarin Neelie Kroes grundsätzlich darauf geeinigt, dass beide Seiten das ORF-Wettbewerbsverfahren bis Ende Oktober abschließen wollen. Jetzt werden noch die Details auf Beamtenebene ausformuliert.

Was fordert die EU?

Ostermayer: Die Kommission will vor allem, dass es klare Regeln für die Verwendung der ORF-Gebühren gibt.

Wird es Auflagen für das Angebot des ORF geben? Wird er eigenständige redaktionelle Online-Inhalte veröffentlichen dürfen?

Ostermayer: Für die Kommission ist der Online-Bereich sehr wesentlich für die weitere Entwicklung des Medienmarktes. Durch klare Regeln sollen gleiche Chancen für alle (öffentlich-rechtliche und private Medien, Anm.) eingeräumt werden. Das heißt auch klare, taxativ festgelegte Regeln für den ORF und eine Überprüfung neuer Angebote in Rahmen eines Public-Value-Tests. Einig sind wir auch darüber, dass Online-Konzepte wie ORF-Sendungen auf Abruf zulässig sind.

Wer soll diesen Test durchführen?

Ostermayer: Die KommAustria (dzt. Medienbehörde zur Rundfunkverwaltung, Anm.).

Die EU will die Eigenkapitalquote des ORF auf zehn Prozent beschränken – was, wenn der ORF zu viel Geld angespart hat?

Ostermayer: Es gibt eine grundsätzliche Einigung auf einen Durchrechnungszeitraum von zwei Finanzierungsperioden, die Überprüfung der Festsetzung der Gebühren durch den Stiftungsrat wird in Zukunft durch die KommAustria passieren.

Die EU verlangt Spielregeln für die Verwendung öffentlicher Mittel – in welcher Form?

Ostermayer: Die Kommission will klare Transparenz bei der Verwendung der Mittel und eben eine Überprüfung der Höhe durch die Medienbehörde.

Sie sind für eine Mischfinanzierung des ORF durch Gebühren und Werbung, die ÖVP will langfristig einen werbefreien ORF. Wie kommt man da zusammen?

Ostermayer: Ich bin von einer Mischfinanzierung überzeugt, weil ich der Ansicht bin, dass eine Erhöhung der Gebühren oder eine starke Einschränkung des Angebots nicht der richtige Weg für den ORF wäre. Auf unserem kleinen Markt ist das zweite Standbein der Werbeeinnahmen wichtig. Das ist auch die Meinung der EU-Kommission.

Was ist mit den ORF-Gremien und der Geschäftsführung? Werden sie verkleinert?

Ostermayer: Die Strukturdiskussion des ORF im Rahmen der Koalition ist noch nicht abgeschlossen.

Wann soll das neue Gesetz in Kraft treten?

Ostermayer: Im Rahmen der EU-Richtlinie für Audiovisuelle Medien sollten wir deren Umsetzung bis 19. Dezember schaffen.

Könnte es auch sein, dass vorerst nur geändert wird, was die EU festgeschrieben hat (Mediendiensterichtlinie), und dass man den Brocken ORF in aller Ruhe zu einem späteren Zeitpunkt gesetzlich neu aufstellt – sodass ein neues Gesetz z. B. mit dem Ende der Amtsperiode Wrabetz in Kraft träte?

Ostermayer: Durch die Einigung mit Kroes können die Ergebnisse des Wettbewerbsverfahrens und die Umsetzung des zweiten Teils der Mediendiensterichtlinie auf jeden Fall berücksichtigt werden. Über alles Weitere werden die Verhandlungen nach der ORF-Enquete entscheiden. Ich hoffe, dass auch der Koalitionspartner die Festlegungen mit der Kommission respektiert.

Sollte man das Radio-Symphonieorchester (RSO) im ORF-Gesetz festschreiben?

Ostermayer: Es ist in meinen Augen nicht sinnvoll, einzelne Bereiche zu diskutieren, wir werden über das Gesamtpaket und eine mögliche Refundierung von Gebühren für die Erfüllung öffentlich-rechtlicher Aufgaben diskutieren.

Was verlangt man außerdem vom ORF, damit er die 60 Millionen Euro Refundierung der Gebührenbefreiung bekommt?

Ostermayer: Eine Gebührenrefundierung ist erforderlich, wenn das Angebot verbessert wird und die Umstrukturierung gelingen soll. Insbesondere soll dadurch auch das Fernsehfilmabkommen gesichert werden.

Was ist mit den fünf Millionen Euro Förderung für Privatfernsehen und -radio? Die sollten doch schon heuer ausgeschüttet werden?

Ostermayer: Die Novellierung des KommAustria-Gesetzes ist abgeschlossen, das Parlament hat bereits zugestimmt. Der Notifzierungsprozess mit der Kommission hinsichtlich der Vergaberichtlinien ist im Laufen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.09.2009)

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