Kopfschmerzen
ORF-General Alexander Wrabetz gilt nach dem Programmflop trotz Sparpaket nicht als Reformer. Seit SP-Kanzler Werner Faymann ihn nur mangels Alternativen nicht entthronte, gilt Wrabetz als Überlebenskünstler. Zwei Direktoren werden als Ablösekandidaten gehandelt: Wolfgang Lorenz (Programm)und Sissy Mayerhoffer (Finanzen).
Haltungsschäden
Die angekündigte Entpolitisierung des ORF fand nie statt. Stiftungsrat und Publikumsrat stehen unter politischem Einfluss. Personalentscheidungen sind offen (Generaldirektor) oder verdeckt politisch motiviert. Versuche der Einflussnahme aufs Programm haben Tradition, mitunter auch Erfolg (Bsp.: das „Sommergespräch“ mit Faymann).
Wasserkopf
Die Gremien sind zu groß, könnten mit dem ORF-Gesetz verkleinert werden – wenn man sich einigt und etwa die Länder bereit sind, ihren Platz im 35-köpfigen Stiftungsrat (zeitweise) zu räumen.
Übergewicht
Seit Monopolzeiten ist der ORF überdimensioniert (knapp 3400 Angestellte). Manche Experten meinen, 1500 würden reichen. Erste Therapieschritte sind eingeleitet: 440 Mitarbeiter werden abgebaut.
Masslosigkeit
Der ORF lebt von Gebühren und Werbung. Die Umsatzerlöse aus Werbung lagen im ersten Halbjahr 2009 um 12,7 Mio. Euro unter Plan. Geplante Behandlung: die Refundierung der Gebührenbefreiung.
Knochenschwund
Durch den Flop der Programmreform (Tiefstwert: 34 Prozent Marktanteil im Juli), Werbeverluste und Finanzkrise ist der ORF in der Substanz gefährdet. 2008 schrieb er 80 Mio. Euro Verlust, heuer werden es 30 bis 50 Mio. Euro minus sein. 2010 muss er ausgeglichen bilanzieren, fordert der Stiftungsrat.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.09.2009)