Pläne für eine muslimische Caritas

PRESSEKONFERENZ IGG�: OLGUN
PRESSEKONFERENZ IGG�: OLGUN(c) APA/HERBERT NEUBAUER
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Ibrahim Olgun, der neue Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft, möchte Strukturen für die Flüchtlingshilfe aufbauen.

Wien. Die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGiÖ) plant eine eigene Flüchtlingseinrichtung, die parallel zur katholischen Caritas und zur evangelischen Diakonie arbeitet. Damit, so IGGiÖ-Präsident Ibrahim Olgun, wollte man „staatliche Behörden entlasten“. Schon derzeit würden Vereine und Moscheen viel in der Flüchtlingsarbeit leisten, doch wolle man unter anderem auch darauf hinwirken, dass Moscheen Quartiere für Flüchtlinge öffnen.

Erste Versuche in diese Richtung gab es bereits unter Olguns Vorgänger, Fuat Sanac. So wurde mit „Hilal“ der Wohlfahrtsverein der IGGiÖ ins Leben gerufen, der unter anderem Spenden für die Bestattung jener 71 Flüchtlinge sammelte, die vergangenen Sommer in einem Lkw auf der A4 tot gefunden wurden.

Olguns Aufgabe wird nun vor allem darin bestehen, die einzelnen Mitgliedsorganisationen der Glaubensgemeinschaft dazu zu bringen, im Rahmen einer solchen Einrichtung mitzuarbeiten – und nicht nur einzelne Projekte auf Vereinsebene zu machen. Und dafür zu sorgen, dass es eine finanzielle Basis für eine solche Organisation gibt. Denn an der mangelt es noch.

Seelsorger für Gefängnisse

Die Finanzen sind ohnehin ein eigenes Problem für Olgun, der erst vor zwei Wochen vom Bundeskanzleramt als Präsident bestätigt wurde. So klagt er etwa darüber, dass die Auslandsfinanzierung von Imamen seit Inkrafttreten des neuen Islamgesetzes nicht mehr erlaubt ist – „das gibt es bei keiner anderen Religionsgesellschaft“. Klar sei aber, dass man sich an geltende Gesetze halten werde. Allein, mit den Mitgliedsbeiträgen aus dem Inland komme man nicht weit: „Unsere Hände sind gelähmt“, so Olgun.

Dabei hat er große Pläne – unter anderem soll die Seelsorge in Krankenhäusern und Gefängnissen ausgebaut werden. Vier bis fünf hauptamtliche Betreuer im Strafvollzug, drei bis vier im Spitalswesen wünscht er sich. „Ich habe Bundeskanzler Kern auch schon mehrmals um Unterstützung gebeten.“

Neben diesen Bereichen strebt Olgun generell eine Professionalisierung an. So will er etwa bei der Bestellung von Religionslehrern „künftig sehr viel sensibler vorgehen“. Bei den Deutschkenntnissen der Pädagogen habe man hier schon einiges getan, um das Niveau zu heben. Und mit der Universität Wien, an der derzeit eine theologische Fakultät aufgebaut wird, gebe es schon jetzt „eine gute Zusammenarbeit“.

Für überzogen hält man in der IGGiÖ die derzeit laufende Debatte über Vollverschleierung. So meint etwa der stellvertretende Generalsekretär, Mouddar Khouja: „Man soll eine Randerscheinung nicht zur Causa prima hochstilisieren, um Gesetze zu erlassen.“ Es gebe kaum vollverschleierte Frauen in Österreich – und wenn, seien das vor allem Touristinnen aus dem arabischen Raum. Und, so Khoujar, diese Menschen seien auch ein wesentlicher Wirtschaftsfaktor, den man nicht vernachlässigen sollte. (eko)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.09.2016)

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