Flüchtlingsmilliarde für 2017 fix

Finanzminister Hans Jörg Schelling.
Finanzminister Hans Jörg Schelling.(c) APA/GEORG HOCHMUTH
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Finanzminister Schelling plant Asylausgaben wie heuer. Die Minister müssen nicht zu „Beichtstuhlgesprächen“. Aber wichtige Punkte wurden zum Finanzausgleich verlagert.

Wien. Die Budgetzahlen, die Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) am Mittwoch bei der ersten regulären Nationalratssitzung im Herbst zu verantworten hat, werden ihn mehr freuen als jene der Budgetrede am 12. Oktober. Der Budgetabschluss 2015, um den es am Mittwoch geht, weist ein strukturelles Nulldefizit (ohne Einmaleffekte) von null Prozent der Wirtschaftsleistung aus. Damit wird die 0,5-Vorgabe der EU unterschritten. Im Budget 2017, das er im Oktober vorstellen wird, steigt hingegen das strukturelle Defizit auf 1,0 Prozent (nach 0,9 Prozent für 2016) des Bruttoinlandsprodukts.

Die Ausgaben für die Flüchtlinge und für von der Regierung vereinbarte erhöhte Mittel für die Sicherheit treiben die Verschuldung nach oben. Werden die Flüchtlingskosten herausgerechnet, wird die 0,5-Prozent-Marke der EU exakt eingehalten. Fix ist, wie der „Presse“ bestätigt wird, dass Schelling die Kosten für die Flüchtlinge wie bereits für das heurige Jahr mit einer Milliarde veranschlagen wird. Der Großteil davon wird für die Grundversorgung der Asylwerber aufgewendet, dazu kommen erneut 150 Millionen Euro zusätzlich für Integrationsmaßnahmen, die sich das Innen-, Integrations-, Sozial- und Bildungsministerium teilen müssen.

Das sonst übliche Gerangel mit den einzelnen Ministern entfällt beim Budget 2017. Denn sogenannte Beichtstuhlgespräche, bei denen die Ressortchefs beim Finanzminister zur Aussprache wegen ihres jeweiligen Budgets aufmarschieren müssen, werden dieses Mal nicht stattfinden. Allerdings ist Schellings Budgetaufgabe mit dem Voranschlag für 2017 keineswegs erledigt. Denn der Finanzausgleich zwischen Bund, Ländern und Gemeinden, der ab 2017 ebenfalls neu geregelt werden soll, ist weiter offen. Darüber wird dann politisch erst nach Schellings Budgetrede am 12. Oktober entschieden werden.

Obergrenze hilft

Bei den Asylkosten kommt dem Finanzministerium die im Jänner von der rot-schwarzen Bundesregierung paktierte Obergrenze mit maximal 37.500 Asylwerbern zupass. Darauf wird in Schellings Ressort ausdrücklich verwiesen. Die nächste Herausforderung ist freilich: Statt der Grundversorgung werden künftig mehr Mittel für die Integration Asylberechtigter in Österreich notwendig sein.

Schelling hält sich beim Budgetpfad an den heuer bereits im Frühjahr vom Nationalrat beschlossenen Finanzrahmen bis 2020 (siehe Grafik). Für 2017 sind Ausgaben von 78,2 Milliarden Euro und Einnahmen von 73,5 Milliarden Euro geplant. Im Jahr 2018 soll dann das strukturelle Defizit wieder auf die EU-Vorgabe von 0,5 Prozent der Wirtschaftsleistung zurückgeschraubt werden.

Zweites Gratiskindergartenjahr offen

Während der Rechnungshof im Zuge des Bundesrechnungsabschlusses 2015 „erhebliche Risken“ für die Einhaltung des Ziels für 2018 sah, zeigt man sich im Finanzministerium mit dem Hinweis, der Vollzug habe in der Vergangenheit stets bessere Zahlen als der Voranschlag gebracht, nicht beunruhigt. Aber es gibt an die Adresse der Regierungskollegen den warnenden Nachsatz: Ein strikter Vollzug werde zum Erreichen des Budgetziels jedenfalls nötig sein. Die Erstellung des Voranschlags 2017 sei grundsätzlich „kein Spaziergang“. Aber für etwaige Extras, also weitere Sonderwünsche einzelner Minister, sei sicher kein Geld vorhanden.

Damit hängt unter anderem das zuletzt von Familienministerin Sophie Karmasin forcierte zweite Gratiskindergartenjahr in der Luft. Eine Budgetauseinandersetzung darüber wurde allerdings vorerst umschifft. Denn das „kostenlose“ zweite Kindergartenjahr wurde in die laufenden Verhandlungen des Bundes mit Ländern und Gemeinden über die Neuaufteilung der Steuereinnahmen ab 2017 („Finanzausgleich“) ausgelagert. Eine weitere politische Runde zu diesem neuen Finanzausgleich ist schon demnächst vorgesehen.

Bei diesen Bund-Länder-Runden liegen noch weitere brisante Punkte ungelöst auf dem Verhandlungstisch, die auch massive Auswirkungen auf das Bundesbudget haben. Dazu zählt unter anderem die künftige Finanzierung der Pflege, für die die Bundesländer weiter mehr Geld vom Bund fordern.

Die Nachwehen der von SPÖ und ÖVP paktierten Umwandlung der Bankenabgabe in eine Abschlagszahlung der Bankinstitute werden ebenfalls zu spüren sein. Die Länder wollen da auch mitschneiden. Im Finanzministerium wird außerdem betont, dass nicht eine Milliarde Euro, sondern nur 750 Millionen Euro in den Ausbau der Ganztagsschulen fließen werden. 250 Millionen sind unter anderem für Forschung reserviert.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.09.2016)

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