Dänemark, Schweden, Finnland und Norwegen fordern ein EU-Verfahren wegen der Weigerung Ungarns, Flüchtlinge zurückzunehmen.
Budapest. Die nordeuropäischen Länder werden in der Flüchtlingskrise aktiv und haben Ungarn nun gemeinsam zur Rücknahme von insgesamt 2000 Migranten aufgefordert. Dänemark, Schweden, Finnland und Norwegen (nimmt als EWR-Mitglied an der Asylpolitik teil) haben außerdem ein Verfahren im Rahmen der EU gegen Budapest beantragt. Das berichteten ungarische Medien am Mittwoch. Österreich und Deutschland haben bereits seit Längerem die Forderung erhoben, dass Ungarn Flüchtlinge gemäß der Dublin-Regelung zurücknimmt.
Ungarn lehnt die Rücknahme von solchen Dublin-Fällen kategorisch ab. Nach der Dublin-Verordnung muss jeder Flüchtling seinen Asylantrag in jenem EU-Land stellen, das er zuerst betreten hat. Wird er in einem anderen EU-Staat aufgegriffen, kann er in das Ersteinreise-Land zurückgeschickt werden. Der ungarische Außenminister, Péter Szijjártó, hatte mehrfach betont: „Wir nehmen nur jene Flüchtlinge zurück, die auf ungarischem Boden erstmals die EU betreten haben.“
Nach Ansicht der ungarischen Regierung hat ein Großteil der über Ungarn nach Österreich und weitere Länder weitergereisten Migranten in Griechenland erstmals EU-Territorium erreicht. Eine Rückführung nach Griechenland, das bereits durch den Flüchtlingsstrom überfordert ist, wurde jedoch in Einzelfällen durch den Europäischen Gerichtshof (EuGH) als rechtswidrig bezeichnet.
Im Streit um die Rücknahme von Flüchtlingen hatte Innenminister Wolfgang Sobotka Ungarn vor zwei Wochen mit einer Klage vor dem EuGH gedroht. Wie die vier nordeuropäischen Staaten vorgehen wollen, blieb am Mittwoch unklar.
Die rechtskonservative Regierung in Budapest hat für den 2. Oktober eine Volksabstimmung zu verbindlichen Quoten zur Verteilung von Flüchtlingen auf die EU-Staaten angesetzt. Die Referendums-Frage lautet: „Wollen Sie, dass die Europäische Union auch ohne Konsultierung des (ungarischen) Parlaments die Einwanderung nichtungarischer Staatsbürger nach Ungarn vorschreibt?“ Es wird mit einer klaren Mehrheit gegen Quoten gerechnet. (APA)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.09.2016)