Notstand in Charlotte nach Polizeigewalt

Ausnahmezustand in Charlotte
Ausnahmezustand in CharlotteAPA/AFP/GETTY IMAGES (Brian Blanc)
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Die zweite Nacht in Folge gingen Hunderte in Charlotte auf die Straße, um gegen den Tod eines Afroamerikaners durch Polizeischüsse zu protestieren. Nach kurzer Zeit eskalierte die Lage.

Nach neuerlichen Ausschreitungen in der US-Südstaatenstadt Charlotte hat der Gouverneur des Bundesstaats North Carolina am Mittwochabend (Ortszeit) den Notstand ausgerufen und die Nationalgarde mobilisiert. Sie sollen die Polizei in Charlotte unterstützen, wo es nach den tödlichen Polizeischüssen auf einen Afroamerikaner die zweite Nacht in Folge gewaltsame Zusammenstöße gab.

Bei einer Protestkundgebung gegen das Vorgehen der Polizei fielen nach Behördenangaben in der Nacht auf Donnerstag Schüsse, die einen Demonstranten lebensgefährlich verletzten. Ihre ursprüngliche Erklärung, derzufolge der Demonstrant an den Schüssen starb, zog die Stadtverwaltung zurück. Er werde im Krankenhaus künstlich beatmet und sei am Leben, stellte sie klar.

Die Schüsse seien nicht von der Polizei abgegeben worden, betonte die Stadtverwaltung. Es habe sich vielmehr um Gewalt "von Zivilisten gegen Zivilisten" gehandelt. Nähere Informationen zu Opfer und Schützen lagen zunächst nicht vor. Am Mittwochabend hatten sich erneut mehrere hundert Demonstranten in der Innenstadt versammelt. Vor einem Hotel kam es dabei zu Zusammenstößen zwischen Demonstranten und der Polizei. Sondereinsatzkräfte der Polizei setzten Tränengas gegen Demonstranten ein. Kundgebungsteilnehmer bewarfen die Polizisten mit Steinen, schlugen auf Scheiben von Polizeifahrzeugen ein und kletterten auf Autos.

Gewalt ist keine Antwort

Charlottes Bürgermeisterin Jennifer Roberts hatte die Bürger zuvor gebeten, daheim zu bleiben und von Gewalttaten abzusehen. "Bitte sagen Sie jedem, dass Gewalt keine Antwort ist", richtete sich Roberts auf CNN an die Bürger. Am Mittwoch hatte US-Präsident Barack Obama mit Roberts und dem Bürgermeister der Stadt Tulsa in Oklahoma telefoniert, wo es nach tödlichen Polizeischüssen auf einen Afroamerikaner ebenfalls zu Ausschreitungen gekommen war. "Der Präsident drückte beiden Bürgermeistern sein Mitgefühl hinsichtlich der tragischen Vorkommnisse aus und bekräftigte die Bereitschaft der Regierung, wenn nötig Unterstützung zu leisten", erklärte Obamas Sprecher.

Ein schwarzer Polizist hatte am Dienstagabend auf dem Parkplatz eines Reihenhauskomplexes in Charlotte den Afroamerikaner Keith Lamont Scott erschossen. Scotts Wagen war von Polizisten bei der Suche nach einem Verdächtigen umstellt worden, er hatte laut Polizei eine Schusswaffe dabei, was die Angehörigen des Opfers bestritten.

Der 43-Jährige habe auf seinen Sohn gewartet und ein Buch in den Händen gehalten, sagten Angehörige. Die Polizei widersprach diesen Angaben: Bei dem Toten sei eine Waffe gefunden worden, kein Buch. Einer der Beamten habe sich bedroht gefühlt und geschossen. In den USA wird seit Monaten über Polizeigewalt debattiert. Mehrere Vorfälle, bei denen Polizisten unbewaffnete Schwarze töteten, lösten landesweite Proteste aus. Erst am Freitag war ein 40-jähriger Afroamerikaner in Tulsa in Oklahoma von der Polizei erschossen worden.

(APA/dpa)

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