Türkei: Journalist nach wenigen Stunden erneut inhaftiert

Journalisten demonstrieren gegen die Inhaftierung von Kollegen.
Journalisten demonstrieren gegen die Inhaftierung von Kollegen.APA/AFP/ADEM ALTAN
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Ein Richter verhängte wegen Fluchtgefahr einen Haftbefehl gegen den Regierungskritiker Ahmet Altan. Derzeit sind 100 Journalisten in der Türkei in Haft.

Nur Stunden nach seiner Freilassung in der Türkei ist der prominente Autor und regierungskritische Journalist Ahmet Altan erneut festgenommen worden. Ein Richter verhängte am Freitag wegen Fluchtgefahr und der Schwere der Vorwürfe Untersuchungshaft, wie die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu meldete.

Ahmet Altans Bruder Mehmet Altan war bereits am Donnerstag in Untersuchungshaft genommen worden. Beiden werden Mitgliedschaft in einer Terrororganisation und versuchter Umsturz der Regierung bei dem Putschversuch vom 15. Juli vorgeworfen.

Die Brüder waren vor rund zwei Wochen unter dem Vorwurf festgenommen worden, in einer Live-Fernsehsendung am 14. Juli "unterschwellige Botschaften" über den bevorstehenden Putschversuch verbreitet zu haben. Ahmet Altan war am Donnerstag zunächst aus dem Polizeigewahrsam entlassen worden. Die Staatsanwaltschaft legte dagegen erfolgreich Widerspruch ein, wie Anadolu berichtete.

Altan sieht "schreckliche Zukunft"

Autoren, Musiker, Künstler und Akademiker - darunter drei Nobelpreisträger - hatten nach der Festnahme der Altan-Brüder in einem offenen Brief dazu aufgerufen, "gegen die Hetzkampagne der Regierung" zu protestieren. Zu den fast 300 Unterzeichnern des Briefes gehören Orhan Pamuk, Neil Gaiman, Nick Hornby, Nick Cave, Herta Müller und Günter Wallraff.

Nach Berichten der unabhängigen Plattform P24 sind in der Türkei derzeit rund 100 Journalisten in Haft oder Polizeigewahrsam. Gegen zahlreiche Journalisten laufen Verfahren wegen angeblicher Terrorunterstützung, anderen drohen solche Prozesse. Reporter ohne Grenzen hatte am Donnerstag kritisiert, die Repression gegen Journalisten in der Türkei habe "ein nie gekanntes Ausmaß erreicht".

Ahmet Altan hatte vor seiner erneuten Festnahme gewarnt, sollte die politische Führung keinen Kurswechsel vollziehen, drohe der Türkei eine "schreckliche Zukunft". Die Regierung macht die Bewegung des Predigers Fethullah Gülen für den Putschversuch verantwortlich.

(APA/dpa)

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