Wifo-Studie: Durch Steuern wird kaum umverteilt

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Bezieher niedriger Einkommen zahlen weniger Lohnsteuer, dafür einen höheren Anteil an Mehrwertsteuer. Die Umverteilung von hohen zu niedrigen Einkommen erfolgt vor allem über die Sozialausgaben des Staates.

Wien (b.l.). Die Umverteilung von hohen zu niedrigen Einkommen erfolgt in Österreich vor allem über die Sozialausgaben des Staates. Die Steuern spielen dagegen kaum eine Rolle. Das geht aus einer Studie des Wirtschaftsforschungsinstituts (Wifo) hervor, die am Mittwochabend von Studienautor Alois Guger (Wifo), Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) und Finanzstaatssekretär Andreas Schieder (SPÖ) präsentiert wurde.

Umverteilung durch Transfers

Demnach bezahlten die einkommensstärksten zehn Prozent der Arbeitnehmerhaushalte im Jahr 2005 (neuere Daten liegen noch nicht vor) 40 Prozent ihres Gesamteinkommens an Abgaben (Lohnsteuer, Sozialversicherungsbeiträge und indirekte Steuern wie Mehrwertsteuer). Beim untersten Zehntel ist dieser Anteil am Gesamteinkommen (inklusive Sozialleistungen) mit 37 Prozent fast genauso hoch (siehe Grafik). Grund ist, dass zwar die Lohnsteuer progressiv wirkt– sie steigt mit höherem Einkommen stärker an.

Die Sozialversicherungsbeiträge wirken aber leicht regressiv: Wer über der Höchstbeitragsgrundlage (4020 Euro brutto) liegt, muss einen geringeren Anteil seines Einkommens dafür abgeben als ein Mittelverdiener. Stark regressiv wirken indirekte Steuern wie die Mehrwertsteuer: Die ärmsten Haushalte wenden fast ein Fünftel ihrer Gesamteinkommen dafür auf, die reichsten nur acht Prozent.

Anders schaut es bei den Transferleistungen aus: Hier erhalten die Einkommensschwachen sowohl absolut als auch relativ betrachtet deutlich mehr. Zum Vergleich: Das ärmste Zehntel erzielte im Jahr 2005 durchschnittlich Bruttoeinkünfte von 385 Euro pro Monat. Dabei handelt es sich um nach Haushaltsgröße gewichtetes Pro-Kopf-Einkommen: Hätte eine Familie mit zwei Kindern ein Einkommen von 2100 Euro, entspräche das einem gewichteten Pro-Kopf-Einkommen von 1000 Euro (Faktor eins für den ersten Erwachsenen, 0,5 für den zweiten, 0,3 für jedes Kind).

Das oberste Zehntel hat mit 5393 Euro 14-mal so viel verdient wie das unterste. Nach Steuern und Transferleistungen (Gesundheits-, Bildungs-, Familienleistungen, Arbeitslosengeld, Notstands-, Sozial-, Wohnbeihilfe, Hinterbliebenenrenten) blieb den reichsten Haushalten mit 3709 Euro etwas mehr als dreimal so viel wie den einkommensschwächsten (1127 Euro).

Legt man nur die Markteinkommen der Haushalte zu Grunde, hat die Ungleichheit seit 1983 zugenommen. Bei den Personeneinkommen ist dieser Effekt noch stärker, weil heute mehr Personen Teilzeit arbeiten, stellt Guger fest. Dank der Umverteilung ist die Ungleichheit aber gesunken.

SPÖ für Spekulationssteuern

Die SPÖ-Politiker Hundstorfer und Schieder folgern, dass man zur Budgetkonsolidierung weder Sozialausgaben kürzen noch die Mehrwertsteuer erhöhen dürfe, wie es zuletzt IHS-Chef Bernhard Felderer gefordert hat. Schieder plädierte erneut für „Steuern auf Spekulation“ wie eine EU-weite Finanztransaktionssteuer sowie höhere Steuern für Stiftungen. Auch über Vermögenszuwachssteuern müsse man nachdenken.

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Doch was, wenn das nicht ausreicht? Darüber will Schieder erst nach der Krise reden, wenn die Zahlen auf dem Tisch liegen. Es gebe auch Ausgaben, die man überdenken könnte. So gebe es etwa Doppelgleisigkeiten bei der Förderung des ländlichen Raums.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.09.2009)

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