Krankenpfleger gründen eigene Gewerkschaft

Österreichs Krankenpfleger gründen eine eigene Gewerkschaft.
Österreichs Krankenpfleger gründen eine eigene Gewerkschaft.(c) Köksal Baltaci
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Enttäuscht von den etablierten Gewerkschaften wollen Österreichs Pfleger eine eigene, unabhängige Interessensvertretung installieren.

Nach der Gründung der Gewerkschaft Asklepios für angestellte Ärzte mit österreichweit 1800 Mitgliedern ziehen nun auch die Krankenpfleger nach und rufen eine eigene Gewerkschaft ins Leben. „Die Pflegegewerkschaft – unabhängige Vertretung der Pflegebediensteten in Österreich“ wurde bereits als Verein angemeldet.
In weiterer Folge will Initiator Fabian Martin, Diplomkrankenpfleger beim Mobilen Hilfswerk in Salzburg, auch andere Berufsgruppen wie Hebammen, Physiotherapeuten und Sozialarbeiter zur Gründung eigener Gewerkschaften motivieren und einen Dachverband für alle Gesundheitsberufe installieren, mit dem auch die Kollektivvertragsfähigkeit erlangt werden soll.

„Suboptimale Vertretung“

„Das ist unser erklärtes Ziel, um unsere Interessen selbst zu vertreten und bessere Arbeitsbedingungen für Pfleger mit mehr Zeit für die Patienten zu erreichen“, sagt Fabian Martin. „Durch die vielen Gewerkschaften wie die Vida für Bedienstete in Privatkliniken, GPA-djp für Bedienstete in Sozialversicherungseinrichtungen, Younion – Die Daseinsgewerkschaft für Angestellte in Gemeindespitälern und die GÖD für die Uni-Kliniken kommt es zu einer Zersplitterung der Zuständigkeiten und einer suboptimalen Vertretung der einzelnen Berufsgruppen. Wir wollen eine Gewerkschaft für alle Gesundheitsberufe haben.“ Für ein „gesundes Gesundheitssystem“ brauche es zudem eine Vertretung, die nicht politisch geprägt sei und je nach parteipolitischer Befindlichkeit die einzelnen Berufsgruppen gegeneinander ausspiele.

„Wir wollen die Politik aus der Gewerkschaft heraushalten“, betont Martin. „Dass dabei der Österreichische Gewerkschaftsbund ÖGB zwangsläufig geschwächt wird, nehmen wir zur Kenntnis. Denn im Gegenzug werden die Interessen der Ärzte, Pfleger und anderer Gesundheitsberufe gestärkt.“ Welche Ausmaße parteipolitischer Einfluss in Gewerkschaften annehmen könne, hätten die Streikmaßnahmen der Spitalsärzte in Wien gezeigt, die von der zuständigen Younion nicht nur nicht unterstützt, sondern geradezu bekämpft worden seien.

Rund 60.000 angestellte Diplomkrankenpfleger gibt es in Österreich, hinzu kommen etwa 15.000 Sanitätshilfsbedienstete und Pflegehelfer. Sie können sich ab sofort unter der Website www.pflege-gewerkschaft.at als künftige Mitglieder vorregistrieren.

Unterstützt wird Martin von den Ärzten Gernot Rainer und Anna Kreil, die Asklepios Anfang 2015 nach dem Vorbild des Marburger Bundes, der Interessenvertretung aller angestellten Ärzte in Deutschland, gegründet haben. In allen Bundesländern (außer Burgenland und Vorarlberg) sind Sektionen etabliert, der Antrag auf Kollektivvertragsfähigkeit wird derzeit vom Bundesverwaltungsgericht geprüft.

„Gute medizinische Versorgung funktioniert nur unter guten Arbeitsbedingungen für alle Berufsgruppen im Spital. Die Gründung der Pflegegewerkschaft ist ein Schritt in die richtige Richtung, ich bin überzeugt, weitere Gesundheitsberufe werden folgen“, sagt Rainer. „Die Vertretung durch die eigene Berufsspartengewerkschaft gibt allen die Sicherheit, dass hier wirklich praxisnahe Interessenvertreter am Werk sind“, ergänzt Kreil. „Der Zusammenschluss der Berufsspartengewerkschaften zu einem Dachverband ist die logische Konsequenz, um die Funktionsweise der verschiedenen Gesundheitsberufe als Team zu unterstreichen.“

„Kann ÖGB nicht beseitigen“

Der ÖGB stand Asklepios von Anfang an skeptisch gegenüber. Bernhard Achitz, Leitender Sekretär, kritisierte unter anderem, dass die Gewerkschaft nur eine Gruppe im Gesundheitswesen, nämlich die Ärzte, abdecke. Es ginge ja auch nicht, dass auf einem Kreuzfahrtschiff der Kapitän nur mit den Offizieren verhandle und die Matrosen und Kellner beiseitelasse. Am Montag war Achitz für eine Stellungnahme nicht erreichbar. Auch die Younion wollte die neue Gewerkschaft nicht kommentieren.

ÖGB-Präsident Erich Foglar teilte lediglich via ORF-„Mittagsjournal“ mit, dass man den Kollektivvertragspartner ÖGB nicht „konterkarieren oder beseitigen“ könne, indem man einen Verein gründe und ihn Gewerkschaft nenne. Dass es Unzufriedene gebe, sei nicht neu.

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