TV-Duell: Clintons Nadelstiche trafen

presidential candidate Donald Trump in San Diego
presidential candidate Donald Trump in San Diego(c) REUTERS (SANDY HUFFAKER)
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Beim ersten TV-Duell der Präsidentschaftskandidaten ließ sich Donald Trump von seiner routinierten Gegnerin provozieren und in die Defensive drängen.

Nachdem der 90-minütige Schlagabtausch an der Hofstra University vor den Toren New Yorks vorüber war, mischte sich Donald Trump eilends unter die Reportermeute. Im „Spin Room“ begann die Nachspielzeit – die Debatte darüber, wer die Diskussion denn nun gewonnen hatte. Und wer könnte besser Eigenpropaganda betreiben als Trump selbst? „Ich war toll“, brüstete sich der 70-Jährige. Als Begründung, warum es dann doch nicht so glänzend gelaufen sei, sagte er: „Mein Mikrofon war kaputt.“

Zu Beginn traten die Rivalen in vertauschten Farben auf: Hillary Clinton im flammend roten Hosenanzug – der Farbe der Republikaner, Donald Trump mit blassblauer Krawatte – der Farbe der Demokraten. Nachdem sie sich monatelang gegenseitig attackiert hatten, stiegen sie zur ersten Direktkonfrontation, in den TV-Ring. Trump sprach sie betont höflich als „Frau Außenminister“ an, um süffisant nachzusetzen: „Ich möchte, dass du glücklich bist. Das ist sehr wichtig für mich.“ Im Laufe des Abends fiel er ihr indes immer öfter ins Wort, während sie ihren Gegner jovial als „Donald“ anredete.


Rassismus. „Er hat eine lange Geschichte rassistischen Verhaltens“, warf Clinton ihrem Gegner angesichts seiner kürzlich eher halbherzig beendeten Forcierung der Lüge von Verschwörungstheoretikern vor, Barack Obama sei nicht in den USA geboren und somit nicht für sein Amt legitimiert. „Ich habe ihn dazu gebracht, 2011 seine Geburtsurkunde vorzulegen.“ Dass er just Clinton beschuldigte, das Gerücht im Wahlkampf 2008 selbst in die Welt gesetzt zu haben, stellte sich als völlig haltlos heraus.

Trump hatte zuvor das Feuer eröffnet. Schwarze und Latinos würden deshalb in einer „Hölle“ leben, weil Demokraten wie Clinton keine harten Kurs gegen Verbrechen verfolgen und unter allen Umständen den Begriff Recht und Ordnung vermeiden würden. Er warf ihr Doppelbödigkeit vor.


Stehvermögen. Als Clinton ihm vorhielt, für den Irak-Krieg eingetreten zu sein, rief Trump: „Falsch. Falsch. Falsch.“ Clinton wiederholte ihre Warnung, man dürfe einen Mann, der sich von einem Tweet provozieren lässt, nicht in die Nähe der Codes für die US-Atomwaffen lassen. Trump hielt ihr entgegen, für die Destabilisierung des Nahen Ostens verantwortlich zu sein. Auch schlug er erneut vor, dass US-Truppen das irakische Erdöl an sich reißen hätten sollen – „denn dann wäre ISIS nie entstanden.“

Trump bezichtigte Clinton zudem, nicht nicht nur nicht das Aussehen, sondern auch nicht das notwendige Stehvermögen für das Präsidentenamt zu haben. Sie konterte giftig: „Wenn er 112 Staaten bereist, Waffenstillstände und Abkommen und die Freilassung von Dissidenten verhandelt hat, wenn er neue diplomatische Optionen sondiert und elf Stunden in einem Kongresshearing ausgesagt hat, dann kann er kommen und mit mir über Stehvermögen reden.“


Handel. Den stärksten Moment hatte Trump, als er Clinton in der Wirtschaftspolitik kritisierte. „Nafta ist wahrscheinlich der schlechteste Deal, der je unterzeichnet worden ist.“ Bill Clinton hatte Nafta abgeschlossen. Der transpazifische Handelspakt werde fast so genauso schlecht sein. Als Clinton entgegnete, sie haben das Abkommen mit Asienabgelehnt, antwortete er: „Du hast es als Goldstandard gelobt.“ Ihre Replik: „Donald, ich weiß, dulebst in deiner eigenen Realität. Aber das sind nicht die Fakten.“Trump plädierte dafür die Abkommen neu zu verhandeln, weil sie schädlich seien für die Wirtschaft.


Cyberspionage.
Während Clinton darauf hinwies, dass Trump russische Hacker öffentlich dazu aufgefordert hatte, ihre E-Mails zu stehlen und zu veröffentlichen, sagte Trump: „Es könnte China gewesen sein. Oder ein 200 Kilo schwerer Typ in seinem Bett. Mein Sohn ist zehn Jahre alt. Er kennt sich so gut mit Computern aus, das ist unglaublich.“


Sexismus. Die möglicherweise pointierteste und effizienteste Breitseite hob sich Clinton für den Schluss auf. „Das ist ein Mann, der Frauen Schweine, Schlampen und Hündinnen genannt hat, der Schwangerschaft als Unannehmlichkeit für den Arbeitgeber bezeichnete und der erklärte, Frauen würden solange keine gleiche Bezahlung verdienen, solange sie keinen so guten Job wie ein Mann verrichten würden.“ Sie spießte seinen legendären Konflikt mit der Komikerin und Schauspielerin Rosie O'Donnell auf und seine gleichermaßen sexistische wie rassistische Beurteilung einer Bewerberin bei einem Schönheitswettbewerb. „Er hat diese Frau Miss Piggy genannt. Dann bezeichnete er sie ,Miss Putzfrau', weil sie eine Latina war.“

Mit ihrer Taktik der permanenten Nadelstiche kratzte Clinton an Trumps notorischer Dünnhäutigkeit, sie provozierte ihn. Einmal drohte er die Contenance zu verlieren: „Uff“. „Wow“, mit einem demonstrativen Lächeln parierte Clinton die Suada ihres Rivalen. Es war ein siegesgewisses Lächeln. Beinahe alle Auguren proklamierten Hillary Clinton zur Siegerin, und auch zwei Drittel des TV-Publikums betrachteten sie als Gewinnerin. Clinton präsentierte sich bestens präpariert – im Gegensatz zu Trump, der die Geduld verlor.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.09.2016)

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