Ärztekammer fordert 300 neue Kassenstellen

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Bei einem Treffen mit der Stadt wurden weitere Verhandlungen vereinbart.

Wien. Bis zuletzt war unklar, ob der Termin überhaupt zustande kommt – am Dienstagvormittag wurde im Rathaus dann doch über die Zukunft der Gesundheitsversorgung in Wien diskutiert. An dem Treffen nahmen unter anderem Stadträtin Sonja Wehsely (SPÖ), Wiens Ärztekammerpräsident, Thomas Szekeres, sowie Vizepräsident Johannes Steinhart und die Obfrau der Wiener Gebietskrankenkasse (WGKK), Ingrid Reischl, teil. Vereinbart wurde ein Fahrplan für weitere Gespräche. Konkrete Ergebnisse sollen in den kommenden drei Wochen erzielt werden.

„Basis vorhanden“

Als „gutes Gespräch“ bezeichnete Wehsely das Treffen in einer Aussendung. Auch WGKK-Obfrau Ingrid Reischl zeigte sich „froh, dass wieder eine Gesprächsbasis vorhanden ist. Denn es ist hoch an der Zeit, wieder zu einer sachlichen Diskussion zurückzukehren“. Konkret habe man sich geeinigt, über drei Themen weiterzuverhandeln, die den niedergelassenen Bereich betreffen. Dabei geht es um die Weiterentwicklung der Primärversorgungszentren (PHC), das Aufsetzen des sogenannten Regionalen Strukturplans Gesundheit (RSG), der unter Einbeziehung der Ärztekammer entstehen soll, sowie weitere Gespräche zum Thema Teweb (Gesundheitshotline) und Ärztefunkdienst.

Ziel bei der künftigen Gestaltung des Gesundheitssystems sei jedenfalls nicht „more of the same“, sondern der Anlauf zu „einem echten Modernisierungsschub bei der medizinischen Versorgung“, betont Reischl. Erste Ergebnisse sollen in drei Wochen vorliegen. Die Ärztekammer muss zuvor noch ihre Kurie mit den Verhandlungsergebnissen befassen. „Ich hoffe, dass die Ärztekammer die Gespräche fortführt, die jetzt durch die Auseinandersetzungen rund um den Krankenanstaltenverbund unterbrochen wurden“, meint Wehsely. „Wir haben große Herausforderungen in der Gesundheitsversorgung in Wien zu bewältigen. Um dies zu schaffen, ist die Zusammenarbeit aller wichtigen Institutionen im Gesundheitswesen unumgänglich.“

Zehnpunkteprogramm

Johannes Steinhart, der auch Kurienobmann der niedergelassenen Ärzte ist, übergab bei dem Treffen Wehsely und Reischl ein Zehnpunkteprogramm mit den aus seiner Sicht wichtigsten Themen im niedergelassenen Bereich. Die Grundvoraussetzung für die Umsetzung dieser Punkte seien zusätzliche finanzielle Mittel, „um den medizinischen Standard zu halten und Herausforderungen wie das Bevölkerungswachstum sowie die Auslagerungen aus dem Spitalsbereich – inklusive neuer Leistungen für die Patienten – zu bewältigen“. Diese Mittel könnten nur bei den Verhandlungen zum Finanzausgleich aufgebracht werden.

Zu den wichtigsten Punkten aus dem Programm zählen 300 zusätzliche Kassenfachärzte bis Ende 2018, kein Ersatz freiberuflicher Ärzte durch Großkonzerne als Praxisbetreiber (gemeint sind die geplanten Gründungen von Ambulatorien), keine Auflösung des Gesamtvertrages durch ein neues Primärversorgungsgesetz sowie der Ausbau des Ärztefunkdienstes.

Zudem verlangt die Kammer die Rücknahme des Gesetzes zum Mystery Shopping und die Aufhebung sämtlicher ärztlicher Leistungsdeckelungen in Kassenordinationen, „um bereits aufgetretene Engpässe und lange Wartezeiten zu vermeiden“. Auch eine „Ausbildungsoffensive“ mit beispielsweise mehr Studienplätzen wird gefordert, da sich ein dramatischer Ärztemangel ankündige. Erfreut zeigt sich Steinhart über die Einigkeit aller drei Verhandlungspartner, „dass Wien den Ausbau des niedergelassenen Bereichs braucht – und das ganz ohne Tabuthemen, also endlich auch Gespräche über die Schaffung neuer Fachgebiete im niedergelassenen Kassenbereich wie Onkologie, Nuklearmedizin und Strahlentherapie“.

Spitalsärzte kein Thema

Kein Thema waren bei dem Treffen die parallel dazu laufenden Verhandlungen zwischen dem Krankenanstaltenverbund und der Ärztekammer zum Thema Arbeitszeit in den Spitälern. Diese waren nach den Protesten der Mediziner – inklusive Warnstreik – auf Schiene gebracht worden. Die Kammer hat dazu ihren geltenden Streikbeschluss vorerst ausgesetzt. (kb)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.09.2016)

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