China: „Jetzt wird gebremst“

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An das Platzen einer chinesischen Immobilienblase glaubt der Asienexperte Fabrice Jacob nicht. Die Regierung habe die Lage im Griff.

Wien. Droht in China das Platzen der größten Immobilienblase aller Zeiten? Viele Beobachter befürchten eine derartige Entwicklung – nachdem die Preise in vielen Städten in den vergangenen Jahren geradezu explodiert sind. Aber Asienexperte Fabrice Jacob sieht das ein bisschen anders. „Der Immobilienmarkt in China ist hochgradig manipuliert. Die Regierung nutzt ihn als Gaspedal für die Wirtschaft. Aber auch als Bremse“, sagte Jacob am Montag bei einem Pressegespräch in Wien.

Der gebürtige Franzose ist Gründer und CEO von JK Capital in Hongkong, wo er seit 20 Jahren lebt. Der Fonds wird unter dem Dach der französischen Gesellschaft La-Française verwaltet.

Was von vielen als Immobilienblase gesehen wird, sei tatsächlich von der Zentralregierung in Peking so gewollt gewesen, sagt Jacob. „Am Anfang des Jahres war der Plan, das Inventar abzuverkaufen. Also wurden die Kriterien für den Immobilienkauf gelockert.“ Die Preise seien daraufhin in Peking um fast 30 und in Shanghai um 25 Prozent gestiegen. „In manchen kleineren Städten noch stärker. Aber nachdem die Regierung Anfang des Jahres aufs Gas gestiegen ist, wird jetzt gebremst.“

Inzwischen seien die Regeln für den Immobilienkauf stark verschärft worden, so Jacob. Man brauche jetzt Eigenmittel von 30 bis 70 Prozent des Kaufpreises, um überhaupt eine Wohnung erwerben zu können. „So will die Regierung verhindern, dass der Markt kollabiert.“ Und bisher funktioniere es, so der Investor.

Man sei sich in Peking bewusst, was der Immobiliensektor für das Land bedeutet. „Das ist eine der Lungen Chinas. Wenn die kollabiert, kann die ganze Wirtschaft zusammenbrechen.“

Seit der Panik zu Beginn des Jahres hätte die offiziell kommunistische Einparteienregierung auch andere Schritte unternommen, um die chinesischen Märkte aufzupeppen und krisenfest zu machen. „Das war der turbulenteste Start ins Jahr überhaupt. Aber seither ist viel geschehen.“

Der entscheidende Schritt wäre die Verschärfung der Kapitalverkehrskontrollen gewesen. Es sei inzwischen deutlich schwieriger, beim Ausbruch einer Panik Geldsummen aus China abzuziehen. Dies hätte auch zu einer Stabilisierung des Renminbi (Yuan) beigetragen. Dass dieser seit Jahresbeginn um fast sieben Prozent abgewertet wurde, wertet Jacob als Erfolg: „Der Renminbi ist zuvor als einzige Währung mit dem Dollar gestiegen. Er war einfach überbewertet. Die laufende langsame Abwertung hat auch keine Panik ausgelöst. Solange die Kapitalverkehrskontrollen aktiv bleiben, wird die Lage stabil bleiben.“ Auch habe sich die chinesische Regierung inzwischen darum gekümmert, den verrückt gewordenen Markt für private Kredite, die über Onlineportale vergeben werden, zu regulieren.

Schulden gen Westen verkauft

„Da gab es in China riesige Skandale. Bei manchen haben 900.000 Menschen auf einen Schlag ihre Ersparnisse verloren. Die Regierung glaubt, dass von insgesamt 4000 dieser Online-Plattformen rund 1700 eigentlich Betrug sind. Inzwischen ist dieser Markt aber strikt reguliert, wie die Banken.“

Das Problem mit den Schuldenbergen von Städten und Regionen habe man anders gelöst: Das Risiko wurde exportiert. „Da wurden von China Papiere aufgelegt, mit denen diese Schulden in den Westen verkauft wurden. Dort kommen die gut an, bei Banken und Versicherungen, weil es sonst nirgends Rendite gibt“, sagt Jacob. Diese Papiere brächten 3,7 bis 3,8 Prozent. Von westlichen Ratingagenturen werden sie freilich als ziemlich riskant eingestuft.

ZUR PERSON

Fabrice Jacob lebt seit 20 Jahren in Hongkong. Er ist CEO und Mitbegründer von JK Capital Management, einem Partner der französischen Investment-Agentur La-Française. Vor JK Capital war Jacob Leiter des Investment Banking bei Banque Worms in Hongkong. [ La-Française ]

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.10.2016)

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