Wo Rote ab jetzt wirklich Exoten sind

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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„Wir sind am Boden zerstört“: Die Vorarlberger SPÖ fuhr mit zehn Prozent ihr schlechtestes Ergebnis in der Zweiten Republik ein.

Bregenz. „Horchen S', mein Vater war 18 Jahre roter Bürgermeister in Bregenz (1970–1988, Anm.). Der war sicher kein Exot“, sagte vor der Landtagswahl 2004 die damalige SPÖ-Landeschefin Elke Sader leicht schnaubend auf die Frage der „Presse“, ob man im Ländle als SP-Wähler oder -Funktionär nicht als „Exot“ gelte.

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Doch die Zeiten, als ihr Vater, der legendäre Fritz Mayer, über die Landeshauptstadt befahl, sind lange vorbei. Und so müssen bereits die ersten Resultate der Landtagswahl, die freilich aus konservativen Dörfern kamen, an den Nerven des seit 2007 amtierenden SP-Chefs Michael Ritsch gezogen haben: Sie zeigten dort eine Halbierung der SPÖ von 8,11 Prozent im Vergleich zu 2004 auf 4,3 % an.
Als Ritsch, ein 41-jähriger Ex-Gendarm, zu Mittag wählen ging, musste er zugeben, dass es „schönere Sonntage gibt, als mit solchen Umfragen im Kopf aufzuwachen“. Er hoffte aber, dass man zweitstärkste Kraft bleiben würde.

Doch der Traum erwies sich als roter Schaum: Der Gegenwind fuhr den Sozialdemokraten so ins Getriebe, dass Landesgeschäftsführer Franz Lutz gegen 15 Uhr gegenüber der „Presse“ nur mehr Sätze wie „Wir sind zerstört“ oder „Das ist furchtbar“ stammelte. Da zeichnete sich ab, dass die Ländle-SPÖ, die in den 70ern an der 30-%-Grenze gekratzt hat und 2004, nach einem Plus gegenüber 1999 von vier Prozent, 16,9 % bekam, auf unter zehn Prozent rasseln würde – das schlimmste Ergebnis in der Zweiten Republik.

Vorläufiges Endergebnis


„Wir sind eh schon am Boden“ meinten Funktionäre, die auf den Stufen vor der SP-Zentrale in Bregenz hockten und rauchten. „Da sieht man, was man mit Fremdenhass alles anrichten kann“, sinnierte Lutz mit amüsierter Schicksalsergebenheit. Seit dem Eklat um den „Exiljuden-Sager“ von FP-Chef Dieter Egger über den Leiter des Jüdischen Museums Hohenems vor einem Monat hätten andere Themen, etwa Sozialpolitik, keine Rolle mehr gespielt.
Ihre Wahlfeier in einem Bregenzer Lokal sagte die SPÖ kurzerhand ab. Von nun an wird man Vorarlbergs rote Wähler jedenfalls als „Exoten“ bezeichnen dürfen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.09.2009)

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