Crash-Videos: Was verboten und was erlaubt ist

Symbolfoto: Eine Dashcam von Thinkware
Symbolfoto: Eine Dashcam von Thinkware(c) REUTERS (Rick Wilking)
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Der Verwaltungsgerichtshof verbietet Dashcams, weil sie in den Datenschutz eingreifen. Die Verwertung vor Gericht ist aber zulässig, ebenso die Aufnahme von Urlaubserinnerungen.

Wien. Ein Wiener Unternehmer scheiterte mit dem Versuch, private Videoaufzeichnungen im Straßenverkehr mit den strengen Anforderungen des Datenschutzes zu versöhnen. „Zur Beweissicherung bei Unfällen“ hatte er ein System ersonnen, das anders als gängige Dashcams (vom englischen Wort Dashboard für Armaturenbrett) nicht tagelange Aufzeichnungen speicherte. Vielmehr gab es nur im Notfall – also bei einem Zusammenprall oder bei Betätigung eines SOS-Knopfes – verwertbare Aufnahmen von maximal 90 Sekunden frei. Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) entschied nun aber, dass Dashcams mit Speichermöglichkeit dem Datenschutzgesetz widersprechen. Dazu die wichtigsten Fragen und Antworten:

1. Darf man während einer Autofahrt ständig mitfilmen?

Nein. Das konstante Mitfilmen des Geschehens auf der Straße ist eine Datenverarbeitung und dient der Identifizierung von Fahrzeugen oder Personen. Um den Zweck – hier: ein Unfallgeschehen aufzuklären – zu erreichen, darf aber nur das „gelindeste Mittel“ verwendet werden. Dieses Erfordernis war laut VwGH (Ro 2015/04/0011) nicht erfüllt, weil mithilfe des SOS-Knopfes jederzeit eine – auch unnötige – Speicherung von Bilddaten möglich war. Ob die Kamera nur mit Crashsensor zulässig wäre, bleibt offen, ist aber zu bezweifeln. Denn das Gesetz deckt Videos nur in einigen wenigen Konstellationen, etwa weil lebenswichtige Interessen einer Person auf dem Spiel stehen oder bestimmte Tatsachen vorliegen, die einen gefährlichen Angriff befürchten lassen (z. B. in ein Haus wurde bereits mehrmals eingebrochen).

2. Was passiert, wenn man trotzdem eine Kamera mitlaufen lässt?

Es drohen Geldstrafen von bis zu 25.000 Euro. Zuständig sind die Bezirkshauptmannschaften oder, in Städten wie Wien, der Magistrat. Nun kommt es zwar immer wieder zu Strafverfahren, wenn an Häusern unerlaubte Videokameras montiert sind. Es ist aber nicht bekannt, dass die Behörden Kontrollen im Straßenverkehr durchführen würden. Es genügt allerdings eine Anzeige eines Unfallgegners oder auch anlässlich einer Verkehrskontrolle aus anderen Gründen.

3. Wie kam der Fall vor den Verwaltungsgerichtshof?

Der Unternehmer wollte ein rechtlich unbedenkliches Modell entwickeln und suchte offiziell um eine Genehmigung der Datenschutzbehörde an. Diese verweigerte jedoch die Zustimmung, auch das Bundesverwaltungsgericht sah, wie zuletzt durch den VwGH bestätigt, das Datenschutzgesetz verletzt.

4: Darf man Videoaufzeichnungen in Prozessen verwenden?

Ja. Die Zulässigkeit der Aufnahme einerseits und der Verwendung in einem Schadenersatzprozess andererseits ist nach unterschiedlichen Kriterien zu beurteilen. Der rechtswidrig erlangte Beweis darf verwertet werden, und es gibt bereits mehrere Urteile, die sich – angesichts der klaren Dokumentation durchaus bereitwillig – auf Aufnahmen von Dashcams stützen. Einzelne Richter nehmen das Material freilich nicht direkt in den Akt auf, sondern lassen es nur indirekt ins Verfahren einfließen: indem sie die Aufnahme in der Verhandlung abspielen und den Beklagten darauf ansprechen. Gibt er dann seine Schuld zu, ist der Fall erledigt.

5. Dürfen Dashcams überhaupt noch verkauft und besessen werden?

Auch hier muss genau unterschieden werden: Dass der konstante Einsatz im Straßenverkehr verboten ist, schließt nicht aus, dass man die Kameras verkaufen und besitzen darf. Es gibt gewiss Länder mit einem weniger strengen Datenschutz als Österreich.

6. Darf ich meine Urlaubsfahrt z. B. mit einer GoPro filmen?

Ja, und das öffnet eine gewisse Lücke im System. Wie der Anwalt und Datenschutzexperte Rainer Knyrim der „Presse“ erläutert, gilt nach EU-Recht die sogenannte Household Exemption: Videos, die für familiäre oder persönliche Zwecke angefertigt werden, unterliegen demnach gar nicht dem Datenschutzrecht. Wer also gerade für seine Reiseerinnerungen dreht und rein zufällig dabei einen Unfall dokumentiert, kann sogar eine völlig legale Aufnahme vorweisen. Ein Motorradfahrer, der auf einer Autobahnabfahrt von einem unbekannten Autofahrer geschnitten worden war, konnte sich einmal mit Aufnahmen helfen, die „wegen des schönen Sonnenuntergangs“ entstanden waren. Sie fanden auf die Website einer Zeitung, der Lenker eines nur noch seltenen älteren Automodells aus einer Ortschaft, die aus dem Kennzeichen gerade noch ersichtlich war, stellte sich.

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