Durchhalteparolen, Verleugnung: Der SPÖ ist nicht zum Lachen zumute.
LINZ. Es war eine wenig überzeugende Übung im Verleugnen: Die gewaltsame Konzentration auf das Positive, die angestrengten Durchhalteparolen und die nicht zu unterdrückende Niedergeschlagenheit passten einfach nicht so recht zusammen.
Klubobmann Josef Cap etwa sprach von einer „beeindruckenden Leistungsschau“ der Bundespartei in den vergangenen Monaten, von der schönen Stadt Linz, der tollen Architektur des Design Centers und der Freude auf die bevorstehende Power-Point-Präsentation des Bürgermeisters.
SPÖ-Bürgermeister Franz Dobusch sprach von Ganztagskindergarten, Gratismittagessen, Seniorenzentren und kurzen Wartezeiten auf Hüftoperationen. Landeschef Erich Haider sprach von oberösterreichischen Haftungen für Leitbetriebe, Wasserkraftwerken und seinen Hausbesuchen. Bundeskanzler Werner Faymann sprach von abgeschafften Studiengebühren und der Gesundheitsreform des US-Präsidenten Barack Obama. Nur von der noch nie da gewesenen Erosion der Sozialdemokratie, vom Abstieg auf Platz vier hinter ÖVP, FPÖ und Grüne, vom roten Schreckgespenst Vorarlberg sprach – abgesehen von einem Halbsatz, der Vorarlbergs spezielle, auf den Rest des Landes nicht anwendbare politische Situation betonte – niemand auf dem Podium. Nur hinter vorgehaltener Hand wurde vom „Dämpfer“, von „Rückschlägen“ geredet.
Im Grunde musste man den Fall Vorarlberg bei der SPÖ-Herbsttagung in Linz gestern, Montag, vielleicht auch gar nicht direkt ansprechen. Den Schock, den Österreichs Sozialdemokratie durch ihn erfuhr, sah man den angereisten Spitzenfunktionären ohnehin schon von Weitem an. Die Mienen ernst, der Applaus verhalten, die Stimmung gedrückt, fiel es angesichts der am Sonntag bevorstehenden Landtagswahl in Oberösterreich, bei der der SPÖ wieder ein Verlust (von einer sehr guten Ausgangslage bei der Wahl 2003 mit 38,3Prozent) vorausgesagt wird, schwer, für den nötigen Motivationsschub zu sorgen.
Auch die gut gemeinten Aufmunterungsversuche Faymanns gingen an diesem spätsommerlichen Tagungsvormittag ins Leere: Klubobmann Josef Cap habe den zu groß wirkenden Saal wohl mit Blick auf die nächste Nationalratswahl (und die erhofften Zuwächse, Anm.) ausgesucht, scherzte Faymann. Es lachte niemand.
Kurs halten, kein Pakt mit der FPÖ, aber „mehr auf die Menschen zugehen“, lautete Faymanns Kampfansage an die Situation. Mit demonstrativem Lob für Claudia Schmied (mit geschwächtem Standing seit ihrer erfolglosen Auseinandersetzung mit der Lehrerschaft und Diskussionen um Bonuszahlungen während ihrer Zeit als Bankerin) und Alois Stöger (als Oberösterreichs Benchmark-Star im Gesundheitswesen nach Wien geholt und dort im Dauerfeuer der Oppositionskritik) nahm er Gerüchten um mögliche Umbildungen seiner Regierungsmannschaft den Wind aus den Segeln.
SPÖ-Landeschef Haider verließ den abgedunkelten und gekühlten Saal schon kurz nach seiner Ansprache. Und nein, er habe keine Angst, dass das Vorarlberger Ergebnis seine Schatten auch auf Oberösterreich werfe. Angst schon gar nicht. Die Situation: nicht vergleichbar. „In Vorarlberg hat die Diskussion zwischen ÖVP und FPÖ den Wahlkampf dominiert. Da blieb für andere Parteien kein Platz. Bei uns dominieren die Themen.“ Er wolle noch immer Erster werden. Gewagt – angesichts aller Umfragen, die ihm bis zu minus acht Prozentpunkte voraussagen.
Hasardspiel Haiders
Was Beobachter verblüfft, ist, dass es bis gestern noch keinen Termin für eine Sitzung des Parteivorstands und Präsidiums auf Landesebene gab. Üblicherweise sollte dieser Termin für Montag oder Dienstag der kommenden Woche längst anberaumt sein. Das Hasardspiel Haiders heißt bis zuletzt „alles“ – also Landeshauptmann – oder „nichts“.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.09.2009)