Wie wahrscheinlich ist ein Asteroideneinschlag auf der Erde?

Vor einem Weltuntergang muss sich aktuell niemand fürchten. Allerdings wird die Naturgefahr – etwa im Vergleich zu Erdbeben – oft unterschätzt.

Am 15. Februar 2013 explodierte 25 Kilometer über der russischen Stadt Tscheljabinsk ein Meteorit mit 20 Metern Durchmesser. Innere Spannungen zerrissen ihn mit einer Energie von 30 Hiroshima-Atombomben, 1500 Personen wurden verletzt. Noch weit verheerender wären die Folgen des Tunguska-Ereignisses vom 30. Juni 1908 gewesen, hätte es sich über bewohntem Gebiet ereignet. Damals explodierte ein etwa 50 Meter großer Kleinplanet in zehn Kilometern Höhe. 2000 Quadratkilometer Wald wurden komplett zerstört, das entspricht der fünffachen Fläche Wiens.

„Solche Explosionen passieren in der Erdatmosphäre in etwa alle fünf bis zehn Jahre, meist aber über den Ozeanen, wo es keiner merkt“, erklärt Geochemiker Christian Köberl, Generaldirektor des Naturhistorischen Museums Wien. Einschläge, die die Erde auch erreichen und dort riesige Krater hinterlassen, seien hingegen weit seltener: Sie ereigneten sich nur alle paar Tausend Jahre, sagt der Forscher. Noch größere Ereignisse, die ganze Kontinente verwüsten, passierten nur alle paar Hunderttausend bis einige wenige Millionen Jahre. Und zivilisationszerstörende, wie der Einschlag, der vor 65 Millionen Jahren die Dinosaurier und andere Tierarten auslöschte, überhaupt nur alle 50 bis 100 Millionen Jahre einmal.

Kleine Einschläge oft unbemerkt

Einen Weltuntergang zu erleben ist also eher unwahrscheinlich. Wissenschaftler geben aber zu bedenken, dass Asteroideneinschläge neben Naturgefahren wie Erdbeben oder Vulkanausbrüche oft unterschätzt werden. Kleine Einschläge kommen nämlich ständig vor – häufig, ohne überhaupt bemerkt zu werden. Sie lassen sich nicht beobachten und kommen buchstäblich „aus dem blauen Himmel“. Denn man kennt nur die Bahnen größerer Körper mit einem Durchmesser von etwa einem halben Kilometer. In verschiedenen Projekten versuchen Forscher rund um den Globus, diese Himmelskörper systematisch zu erfassen. Weil es aber Hunderttausende bis mehrere Millionen dieser Objekte gibt, könnte das mehrere Jahrzehnte dauern.

Doch was nutzen die Erkenntnisse, lassen sich die Körper dann abwehren? Dazu haben Forscher theoretische Überlegungen angestellt: Sie überlegen etwa, mit Raketen zu bedrohlichen Asteroiden zu fliegen und diese durch einen Schubs von der Erde abzulenken. Wie genau das passieren soll – etwa mit einer im All gezündeten Bombe – ist allerdings noch nicht klar. Dazu brauchte es auch mehr Wissen über den Aufbau von Asteroiden, so Köberl: „Wir kennen die Asteroidenstrukturen und -zusammensetzungen noch nicht gut genug.“ Sind sie etwa aus einem Stück, so dass man sie tatsächlich anschubsen kann, oder kleben viele kleine Körper zusammen? Manche Asteroiden werden auch als „fliegende Sandbänke“ bezeichnet, weil sie aus losem Material bestehen. Das wollen Wissenschaftler in neuen Weltraummissionen ergründen. Erst vor wenigen Wochen, am 8. September 2016, startete die OSIRIS-REx-Mission der Nasa, um am Asteroiden Bennu Proben zu sammeln und zur Erde zu bringen.

Aktuell befasst sich Köberl in seiner Forschungsarbeit mit mehr als drei Milliarden Jahre alten Einschlägen auf die Erde in Südafrika. Was ihnfasziniert? „Aus relativ kleinen Gesteinsablagerungen lassen sich gigantische geologische Veränderungen rückschließen.“

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(Print-Ausgabe, 08.10.2016)

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