Der steirische Maronibauer

Seit 1792 besteht das Weingut Klug, vor etwa 30 Jahren hat Markus Klug die Edelkastanie mit ins Sortiment genommen.
Seit 1792 besteht das Weingut Klug, vor etwa 30 Jahren hat Markus Klug die Edelkastanie mit ins Sortiment genommen.(c) Die Presse/Clemens Fabry
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Winzer Markus Klug betreibt in der Steiermark auch eine Kastanienplantage. Zu seinen größten Feinden zählt die chinesische Gallwespe – und Spaziergänger.

Markus Klug hat die Ruhe. Wenn er sie nicht schon von Natur aus hat, so hat er sie wohl von seinen Kastanienbäumen gelernt. „Mit den Kastanien ist es einfach: Man muss warten, bis sie runterfallen, dann kann man sie aufklauben.“ So beschreibt der Winzer und Kastanienbauer die alljährliche Ernte. Man müsse die Bäume weder schneiden noch nützt ein kräftiges Rütteln bei der Ernte. „Man muss warten, bis der Baum die Kastanien hergibt.“ Alle drei Tage geht Klug dann die Kastanien einsammeln, die die gut 400 Bäume in seiner Plantage im steirischen Sankt Stefan ob Stainz eben hergeben. Seine Frau und sein Sohn helfen ihm dabei. „Heuer hat die Ernte spät begonnen, erst am 20. September. Normalerweise geht es schon am 10. herum los“, sagt Klug, der hauptberuflich Winzer ist und vor gut 30 Jahren damit begonnen hat, unterschiedliche Sorten der Edelkastanie zu setzen. An die 15 verschiedene Sorten gibt es mittlerweile auf der Plantage in rund 450 Metern Seehöhe. „Wobei ich drei Hauptsorten habe: die steirische Sorte Ecker, die französische Bouche de Betizac, die eine Kreuzung aus der europäischen und der japanischen Kastanie ist, und eine italienische Sorte.“ Letztere werde ob ihrer Süße gern für Desserts verwendet, die französische Sorte, mit ihren besonders großen Kastanien, sei ideal für das Backen daheim im Backrohr geeignet. Und die steirische wird hier gern im offenen Feuer geröstet. Verkauft werden die Kastanien vorwiegend ab Hof, wobei auch einige Gastronomen aus der Umgebung zu Klugs Kunden zählen.

Ganz so einfach, wie es anfangs klingt, ist die Arbeit mit den Kastanien dann aber doch nicht. Klugs Kastanien haben nämlich einige Feinde, allen voran die Menschen, die hier in der Gegend vorbeikommen. „Früher hatte ich nur einen Wildzaun. Die Leute haben einfach das Türl aufgemacht, sind reingegangen und haben sich Kastanien geholt. Wenn ich sie erwischt habe, haben sie nur gesagt: Du hast eh so viele.“ Jetzt hat Klug einen elektrischen Zaun um seine Plantage montiert. „Der funktioniert. Der Mensch ist wie ein Schaf.“ Auch der Frost im Frühling hat die Kastanienernte heuer ähnlich wie beim Wein massiv reduziert. Klug schätzt, dass nur etwa 30 Prozent einer normalen Ernte übrig sind. Ertragreich sei so eine Kastanienplantage nicht. Rund 2000 Kilogramm ernte er in einem durchschnittlichem Jahr. „Ein Baum braucht aber 30 Jahre, bis er 30 bis 40 Kilogramm Kastanien pro Jahr hergibt. Und wenn ich zehn Bäume pflanze, fällt mir einer durch Krankheiten aus.“

Die seien, im Vergleich zu den Menschen, die sich hier einfach bedienen, ein noch größeres Problem. Dem Kastanienrindenkrebs sind in den vergangenen 20 Jahren rund 40 Prozent der Bäume zum Opfer gefallen. Und mit der chinesischen Gallwespe hat sich hierzulande ein neuer Schädling breitgemacht, der sich in die Kastanien bohrt, allerdings hier noch keine Feinde hat. „In Italien ist das auch ein großes Problem. Da forschen sie jetzt und haben in einem Labor eine Gegenwespe, einen Nützling gezüchtet, der den Schädling frisst. Ich hoffe, dass auch wir den Nützling bald bekommen“, sagt Klug. Er wundert sich nicht, dass er in der Region der Einzige ist, der eine derart große Plantage hat. „Das ist keine sichere Einnahmequelle, ohne den Wein würde das nicht gehen.“

Kastanienbier

In Italien sei das wiederum anders, dort hat die Kastanie Tradition. „In Italien machen sie wirklich alles aus Maroni: Haarwasser, Lippenstift, Marmelade. Früher war das dort ja das Brot der Armen. Und in Korsika machen sie Kastanienbier.“ Letzteres hat er auch schon ausprobiert. „Das ist als Weinbauer ein bissl ungewöhnlich, aber mir macht das Spaß.“ Obwohl Klug die Kastanienbäume mit keinerlei Pflanzenschutzmittel behandelt, ist es kein Biobetrieb. „Ich brauch' keine Bio-Zertifizierung. Ich leb' eh selber gern, ich werd' nichts machen, was mir nicht gut tut.“

Maroni

Maroni. Während die Rosskastanie zu den Rosengewächsen zählt, ist die Edelkastanie ein Buchengewächs. Die Maroni ist eine besondere Züchtung der Edelkastanie, der Name wird aber oft als Synonym für Edelkastanien verwendet.

Kastanienhof Klug.Markus Klug betreibt im Schilchergebiet Hochgrail am Reinischkogel in der Weststeiermark ein Weingut und eine Kastanienplantage. Die Kastanien werden ab Hof verkauft (je nach Sorte: 5 bis 8 Euro/Kilogramm). Hochgrail 100
8511 St. Stefan/Stainz
✆ 03463/81719
www.markusklug.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.10.2016)

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