Sportförderung: „Andere Institutionen sollen zahlen“

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BSO-Vizepräsident Eschlböck sieht aufgrund der Förderung sportfremder Projekte mit über 18,294 Mio. Euro dringenden Handlungsbedarf. „Österreichs Sport hat kein Konzept.“

Wien. Geht es um Geld, kommt doch noch Bewegung in den österreichischen Sport. Die von Peter Kleinmann gestartete und von der „Presse“ weiterverfolgte Recherche über jährliche, mit Sportgeldern erfolgte „Förderung von Nicht-Sport-Projekten“ über 18.294.154,33 Euro schlägt Wellen. Es herrscht Unmut unter Sportlern, Politikern und Funktionären. Vor allem sorgt der Umstand, dass Millionen im Umfang eines kompletten „Projekts Rio“ in andere Kanäle fließen, auch in der Bundessportorganisation BSO für Unverständnis.

„Ja, ich kenne diese Zahlen“, sagt BSO-Vizepräsident Michael Eschlböck, der dem Football-Verband vorsteht und im Präsidium des BSO-Sportfachrates sitzt. „Kleinmann hat generell recht damit, dass andere Institutionen diese Kosten übernehmen sollten. Also zumindest Gesundheits-, Sozial- und Unterrichtsministerium.“ Es steht fest: Die Zahlen stimmen.

Geld da, viel Geduld dort

Man „rede schon länger“ darüber in der BSO, die sich noch bis zum 4. November und zur Installierung von Rudolf Hundstorfer als Präsidenten „in einer Übergangsphase“ befinde, so Eschlböck. Aber, ändern wolle man im Sport dann vieles. Nicht nur müssten die sozialen und gesundheitspräventiven Projekte – etwa 2,93 Mio. Euro für die „Koordination des bundesweiten Netzwerkes für Bewegungsförderung“, Flüchtlingsintegration (419.298 Euro), Selbstverteidigungskurse in einem Frauenhaus im Libanon (200.000 Euro) oder 71.250 Euro für den Hauptverband der Sozialversicherung für „Bewegt im Park“ – von tatsächlich zuständigen Stellen übernommen bzw. neu bewertet, sondern auch dem Sportsystem Ordnung gegeben werden.

Eschlböck beklagt das Fehlen von Infrastrukturen und geschultem Personal, dem gegenüber stehe der seit der Gesetzesreform „immense bürokratische Aufwand“ für Athleten, Vereine und insbesondere für Bundesfachverbände. Für Förderungen müsse man regelrecht „Romane schreiben“ und Berge von Formularen ausfüllen. Oder Businesspläne einreichen, die dann „mit teilweise hirnrissigen Begründungen“ durch „von der Materie überhaupt keine Ahnung habende Beamten und Praktikanten“ oder die vom Ministerium beauftragte Buchhaltungs-GesmbH hinterfragt würden.

Dass Sportler, kleine Vereine oder sogar Verbände wie der AFBÖ dann über ein Jahr auf vorfinanzierte 10.000 Euro warten müssen, ist unerfreulich. Eschlböck kennt auch Fälle, in denen die Antragsteller „schon drei Jahre auf ihre Abrechnung und Überweisung der zugesagten Förderung warten“. Dem populistisch entgegenzuhalten, dass 18,294 Mio. Euro sportfremd gefördert werden, schmerze, sagt der Experte. „Aber: Die Zahlen stimmen.“

Stiftung statt GesmbH?

Abrechnungskontrollen, Prüfungen, Controller – jedes System hat seine Mechanismen. Dass im österreichischen Sport „Schindluder“ betrieben wurde, sei unbestritten, sagt Eschlböck. Um nun Missbrauch zu vermeiden, werde jeder Masseur, jede Flugumbuchung oder Verletzung hinterfragt. Auch dieses Wesen verschlingt Geld und Ressourcen.

Ein weiteres Detail zeigt die Zerrissenheit in der Finanzwelt des Sports: Privatiers oder Unternehmen müssten Steuerbelege sieben Jahre lang aufbewahren. „Sportverbände sind dazu angehalten, dasselbe zehn Jahre lang zu machen.“ Dass in dieser Zeit Generalsekretäre und Präsidenten ausgewechselt werden, ist nur ein Nebengeräusch. Die Nachvollziehbarkeit mancher Entscheidung wird durch den Zeitfaktor erschwert.

80 Millionen Euro fließen jährlich an besonderer Sportförderung an den Bundessportförderfonds, darüber hinaus gibt es 40 bis 50 Millionen Euro, über die das Ministerium verfügt – damit werden Stellen wie das Team Rot-Weiß-Rot (bis zu fünf Mio. Euro), Projekte für Kinderbewegung, Rio etc. finanziert. Und aus diesem Topf „stammen die von Kleinmann kritisierten 18,294 Millionen“. Aber, wer hat sie beantragt und bewilligt, seit wann?

Die Bündelung aller Stellen unter einem Dach, wie es Sportminister Hans Peter Doskozil vorhabe, „fordert die BSO seit Jahren unter dem Schlagwort One-Stop-Shop. Es soll nur eine Stelle für Abrechnungen und Anträge geben“, sagt Eschlböck. Ein Fonds oder eine Stiftung wären „die unabhängigere Lösung“, eine GesmbH habe doch einen Eigner – in diesem Fall wäre es der Bund, „damit wäre der Geschäftsführer dem Minister weisungsgebunden“. Österreichs Sport brauche ein „gesamtheitliches Konzept“, mit geplanter Bewegung, allen Playern an Bord, mit einer Meinung, Richtung „und klarer Struktur, wer wem und warum Förderungen überweist. „Die aktuelle Situation ist unbefriedigend“, sagt der BSO-Vizepräsident. Es bestehe dringender Handlungsbedarf.

AUF EINEN BLICK

BSO-Vizepräsident Michael Eschlböck bestätigt, dass man in der Bundessportorganisation über die jährliche Förderung sportfremder Projekte mit über 18,29 Mio. Euro informiert ist und die entsprechenden Institutionen – Gesundheits-, Sozial-, Unterrichtsministerium – diese Kosten tragen bzw. übernehmen sollten.

Er plädiert für eine „Sportstiftung“, eine Stelle für Abrechnungen u. Anträge.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.10.2016)

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