Ab 2018 sollen die Flexity-Garnituren in Betrieb gehen - mit mehr Platz für Kinderwagen, Rollstühle und schnellerem Ein- und Aussteigen. Insgesamt sollen, je nach Bedarf, bis zu 156 Exemplare geliefert werden.
Wien. Eigentlich geht es ja nur um das Design. Doch bei Dingen, die das Stadtbild über mehrere Jahrzehnte prägen, spielt das natürlich auch eine gewichtige Rolle. Und so wurde am Mittwoch zu einer groß angelegten Präsentation ins Bombardier-Werk in der Donaustadt geladen, um die Optik der neuen Wiener Straßenbahnen zu präsentieren, die ab 2018 in Betrieb gehen sollen. Rot und Weiß werden bei der neuen Generation eine große Rolle spielen. Im Vergleich zur Vorgängergeneration, den von Siemens gebauten ULFs, wird es bei den Flexity-Garnituren außen etwas weniger Grau geben.
„Evolution statt Revolution“ sagt Wiener-Linien-Geschäftsführer Günter Steinbauer dazu. Auch innen lehnt sich die Optik an jene der bisherigen Niederflurstraßenbahnen an. Also rote Sitze, gelbe Haltestangen und graue Böden und Wände. „Nicht blütenweiß“, wie Steinbauer meint, „wegen der Reinigung. Aber trotzdem sind es helle, freundliche Farben.“
Sitze für Eltern mit Kind
Neben der wenig überraschenden Farbgestaltung gibt es aber doch einige Details, bei denen sich die neuen Garnituren von den bisherigen Modellen stärker unterscheiden. Das beginnt schon bei der Bestuhlung: Neben den klassischen Zweierbänken gibt es standardmäßig auch Klappsessel und Haltelehnen – dieses System kennt man schon aus einigen neueren Bussen. Ebenfalls schon aus Bussen bekannt sind die etwas breiteren Sitzgelegenheiten, die Steinbauer als Mutter-Kind-Sitze vorstellt – das sind jene Plätze, auf denen man sich in der Intimsphäre gestört fühlt, wenn sich jemand dazuzwängt. Für Menschen mit Kind oder größeren Taschen sollen sie jedoch gut geeignet sein. Und standardmäßig sollen die neuen Straßenbahnen auch mit je zwei Plätzen für Rollstühle und acht für Kinderwagen ausgestattet sein.
Was die Barrierefreiheit angeht, liegt die neue Generation in einem ähnlichen Bereich wie der ULF. Die Einstiegshöhe beträgt 215 Millimeter – beim ULF liegt sie laut Auskunft der Wiener Linien im Sommer bei 210, im Winter dagegen bei 250 Millimetern. Insgesamt soll die neue Garnitur 211 Passagiere fassen, für 62 soll es auch Sitzplätze geben. Zum Vergleich: Der ULF in der langen Ausführung hat 66 Sitzplätze bei einem Fassungsvermögen von 207 Passagieren. Und je nach der Anzahl der mitfahrenden Passagiere soll in den neuen Zügen die Klimaanlage ihre Leistung anpassen – damit man weder schwitzt noch friert.
Eine wichtige Neuerung ist auch, dass die Ein- und Ausstiegsbereiche etwas freier gehalten sind, dass es also keine Sitze oder Einengungen bei den Türen gibt – die Idee dahinter ist, dass die Passagiere so schneller ein- und aussteigen können. Und das, obwohl die Flexity-Straßenbahnen mit sechs Türen eine weniger haben als der ULF in der Langversion – aus einigen dieser Züge wurden vor einigen Jahren auch schon Sitze herausgenommen, um so den Fluss der Fahrgäste schneller zu machen. Mit 34 Metern Länge ist Flexity übrigens etwas kürzer als der ULF, der in der Langversion 35,47 Meter misst. Ein Trend aus dem Innenleben der Wiener Linien wird auch mit den neuen Straßenbahnen fortgesetzt – es wird viele Bildschirme geben. „Für die Fahrgastinformation“, wie Günter Steinbauer es nennt. Und auch für Werbung – was er allerdings nicht dazusagt.
Die ersten Strecken
Bis 2026 sollen mindestens 119 Exemplare aus dem Bombardier-Werk an die Wiener Linien geliefert werden – dazu gibt es eine Option der Aufstockung auf bis zu 156. Zum ersten Mal im Fahrbetrieb soll es die Flexity-Straßenbahn 2018 zu sehen geben – allerdings ist noch nicht klar, auf welcher Strecke das passieren wird. Insgesamt sollen die Garnituren aber nach und nach gleichmäßig auf alle Linien verteilt werden.
Im Alltag wird man wohl auch in der neuen Straßenbahn nicht ständig darüber nachdenken, was das alles wieder kostet – aber der Vollständigkeit halber sei es erwähnt. In der Maximalvariante mit 156 Garnituren wurden die Kosten mit 562 Millionen Euro budgetiert. Bei den Betriebskosten erwarten sich die Wiener Linien ein Minus von 20 bis 25 Prozent. Unter anderem, weil die neuen Züge durch ihre Bauweise leichter und schneller zu warten sind. Zum anderen, weil auch ein Wartungsvertrag von 24 Jahren mit Bombardier Teil des Pakets ist. (eko)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.10.2016)