Warum aus der Kurz-Griss-Strolz-Plattform nichts wurde

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Die Ursprungsidee war einigermaßen unrealistisch, die weiteren Gespräche scheiterten, weil keiner bereit war, die Eigenständigkeit auf ein nötiges Maß zurückzuschrauben. Eine Möglichkeit würde es allerdings noch geben - wenn da nicht schon zu viel verbrannte Erde wäre.

Wie diese bürgerlich-liberale Plattform, deren Ausgestaltung in mehreren Gesprächen zwischen Matthias Strolz, Sebastian Kurz und Irmgard Griss ausgelotet wurde, am Ende dann ausgesehen hätte, wird man wohl nicht mehr erfahren. Da die Gespräche fürs Erste genau an dieser Frage gescheitert sind.

Die – ein wenig unrealistische – Ursprungsidee war, dass sich Matthias Strolz, Irmgard Griss und Sebastian Kurz in solch einer Plattform für die kommende Nationalratswahl zusammentun. Als eine Art bürgerlich-liberales Dream-Team an der Spitze der Bewegung. Kurz wäre – unbestritten von den beiden anderen – die Führungsrolle zugestanden.

Dass Sebastian Kurz die ÖVP dafür aber einfach hinter sich lässt– respektive deren Funktionäre und Anhänger dann mit sich in die neue Bewegung zieht – , war, wie gesagt, eine eher unrealistische Annahme. Er hätte die ÖVP nur miteinbringen können. Eine veränderte ÖVP zwar. Aber doch die ÖVP. Möglicherweise mit neuem Namen.

An diesem Punkt kam man dann aber nicht mehr weiter. Denn dieser Plan B hätte nur eine Parteienallianz sein können. Ein Modell, das es etwa zuletzt bei den Parlamentswahlen in Kroatien links der Mitte gegeben hat. Eigenständige Parteien – in diesem Fall die Sozialdemokraten, die Liberalen und zwei andere Fraktionen – kandidierten gemeinsam als Bündnis. Letztlich erfolglos.

Diese Bündnisvariante hätte allerdings für die Neos den Nachteil gehabt, eher als Anhängsel der ÖVP wahrgenommen zu werden. Denn auch eine ÖVPneu bliebe natürlich – selbst unter anderem Namen – mehr oder weniger die ÖVP. Abgesehen von den Schwierigkeiten, die Sebastian Kurz im konservativeren Teil seiner Partei gehabt hätte, das durchzusetzen.

Macht, Geld und Abneigung

Und das wäre dann auch das Haupthindernis neben Macht und Geld gewesen: das Atmosphärische, die Abneigung, die Teile der beiden bürgerlichen Parteien gegenüber dem anderen empfinden. Den Verantwortlichen an der Spitze der jeweiligen Partei ist Problem ja bewusst: Die Neos nehmen dem präsumtiven ÖVP-Chef Sebastian Kurz möglicherweise die entscheidenden Stimmen für den ersten Platz weg. Und Kurz als ÖVP-Chef könnte die Neos die entscheidenden Stimmen für einen Wiedereinzug in den Nationalrat kosten.

Aber im Mittelbau, unter den Funktionären und Anhängern ist das Problembewusstsein vielfach geringer als die Aversion. Mit dem Anführer des restriktiven Kurses in der Flüchtlingspolitik wollen viele von den Neos nicht. Und mit den urbanen Gesellschaftsliberalen wollen viele in der ÖVP nicht.

Und so kam es, wie es kommen musste: Aus der Plattform wurde nichts. Eventuell rauft man sich doch noch zu einem Parteienbündnis zusammen. Aber auch das ist nach den Schuldzuweisungen und Unfreundlichkeiten der vergangenen Tage unrealistisch.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.10.2016)

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