Die Flüchtlings-Obergrenze wird wohl nicht erreicht

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Rund 28.300 Menschen wurden in diesem Jahr zum Asylverfahren zugelassen. Die Anzahl an Neuankünften von Flüchtlingen entspannt sich - in Österreich.

Wien. Der September 2015, das waren Menschenmengen in Wien, im Burgenland, in der Steiermark. Das waren offene Grenzen, Tausende Asylanträge. Der September 2016 hingegen, das war vor allem das Arbeiten an der Notverordnung: Der Ministerrat schickte einen Entwurf der neuen Maßnahme ins Parlament, die das Ablehnen von Asylanträgen an der Grenze ermöglichen soll.

Derzeit sondiert das Innenministerium die Kritikpunkte, die nach der Begutachtungsfrist eingegangen sind. Man will die Verordnung rasch beschlussfähig parat haben, um sie im Ernstfall anzuwenden. Also in dem Fall, dass die Obergrenze in Österreich bald erreicht wird. Mehr als 37.500 neue Asylverfahren sollen in diesem Jahr nicht begonnen werden.

Doch die Zahlen zeigen: Die Obergrenze wird aller Voraussicht nach nicht erreicht werden. Bis zum Stichtag 30. September wurden 28.298 Flüchtlinge zum Asylverfahren zugelassen. Knapp 1900 Verfahren wurden im September begonnen. Geht dieser Trend in den kommenden Monaten so weiter, bleiben die Zahlen unter dem Maximalwert.

Es gibt aber auch Ungewissheiten. Das sind – abseits von internationalen Entwicklungen – die sogenannten Dublin-Fälle: Also Menschen, die in Österreich zwar einen Asylantrag gestellt haben, die aber nachweislich zuvor ein anderes EU-Land betreten haben. Nach der Dublin-Regelung wäre dann dieser Staat für sie zuständig.

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13.000 Dublin-Fälle

Derzeit laufen in Österreich 13.000 solcher Verfahren. Rund die Hälfte davon gehen auf Menschen zurück, die nach Ungarn rückgestellt werden sollten. Das Problem: Das Nachbarland weigert sich, Flüchtlinge aufzunehmen. Nach einer Sechs-Monats-Frist ist Österreich für sie zuständig. Andere Länder – wie Italien – nehmen Menschen wiederum großteils auf. Laut Innenministerium gab es in den vergangenen zwölf Tagen insgesamt 43 Rückführungen.

Grundsätzlich muss man aber unterscheiden: Für die Obergrenze sind nicht die Anträge relevant, die Menschen bei ihrer Ankunft stellen. Sondern die Tatsache, ob sie zum Asylverfahren zugelassen werden. Die Behörden sind noch immer dabei, Anträge aus dem Vorjahr zu bearbeiten. Von den rund 28.300 Verfahren, die 2016 begonnen wurden, betreffen 8300Fälle Personen, die 2015 einen Antrag gestellt haben.

Afghanen und Syrer führen Liste an

Doch wie viele Flüchtlinge kommen – unabhängig von Verfahren und Obergrenze – nach Österreich? Die Zahlen zeigen: Der September 2016, das war auch ein Rückgang bei den Asylantragszahlen. 2621 Menschen haben im Vormonat um Asyl angesucht. Zum Vergleich: Im September 2015 waren es 10.672 Menschen. Insgesamt wurden 2016 in Österreich 34.657 Anträge gestellt. Die meisten stammen von Personen aus Afghanistan und Syrien.

Sobotka will trotzdem auch in Zukunft strikt an der Grenze kontrollieren. Anfang November läuft allerdings die Frist für Grenzkontrollen im Schengen-Raum aus. Der Innenminister hat – wie andere Staaten, unter anderem Dänemark – bei der EU-Kommission um eine Verlängerung angesucht. Dabei geht es um Kontrollen an der Grenze zu Ungarn und Slowenien. Für den Brenner gibt es keine Genehmigung der EU-Kommission.

Heute, Donnerstag, tagen die EU-Innenminister in Luxemburg zum Thema Flüchtlinge. Bereits am Mittwochabend stand ein Treffen zwischen Ressortchef Wolfgang Sobotka (ÖVP) und seinem italienischen Amtskollegen Angelino Alfano auf dem Programm. In seinem Heimatland ist keine Entspannung in Sicht: Im September kamen laut Schätzungen rund 17.000 Personen ins Land. 2016 waren es insgesamt 131.860 illegal Einreisende.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.10.2016)

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