SPÖ und ÖVP lieferten sich bei der Budgetdebatte im Nationalrat einen Schlagabtausch. Vizekanzler Mitterlehner zeigte sich erstaunt über die "Standpauke" von Kanzler Kern.
Einen bemerkenswerten Schlagabtausch haben sich im Rahmen der ersten Budgetdebatte die Spitzen von SPÖ und ÖVP geliefert. Einen Tag nach der angriffigen Budgetrede von Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) Richtung Koalitionspartner antwortete Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) am Donnerstag im Nationalrat ausführlich und ähnlich polemisch.
Zumindest in einem war sich die Regierung bei der sogenannten "Ersten Lesung" einig, nämlich dass der Budgetentwurf nicht gerade herausragend ist: "Das Budget ist bestenfalls eine Pflicht, aber die Kür hat noch zu kommen", befand Kern. "Wir haben noch nicht einmal die Pflicht abgeschlossen", replizierte Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) wenig später und forderte Reformen bei Pensionen und am Arbeitsmarkt ein.
Angesichts der Dissonanzen in der Koalition war es wohl kein Zufall, dass Kern schon an den Beginn seiner Rede die Feststellung setzte: "Das ist ein Budget, das die Regierung gemeinsam erarbeitet hat." Wenig später meinte er dann, dass das Budget solide, ein solides Budget aber nicht genug sei. Der nächste Finanzrahmen im Frühling sei dann der Test, "ob wir reformfähig und reformwillig sind".
"Reformen im Schlafwagentempo werden uns nicht weiterbringen"
Der Kanzler hielt Schelling indirekt vor, mehr zu reden als zu handeln: "A little less conversation, a little more action", nahm Kern eine Anleihe bei Elvis Presley. Reformrhetorik sei ja da, "aber Reformen im Schlafwagentempo werden uns nicht weiterbringen". Das griff später wiederum Mitterlehner auf, der in Richtung SPÖ meinte, man solle bei den Themen Pensionen und Arbeitsmarkt "jetzt einmal von der Rhetorik in die Aktion kommen".
Sichtlich selbst angegriffen fühlte sich der frühere ÖBB-Chef Kern angesichts von Schellings Äußerungen, wonach mit den Infrastrukturmilliarden zu viele Mittel langfristig gebunden würden. Kern erinnerte daran, dass ja wohl die ganze Regierung den Rahmenplan beschlossen habe und die Bundesbahnen die Projekte am wenigsten nötig hätten.
Etwas baff ob der Schärfe des Kanzler-Vortrags wirkte direkt im Anschluss der Vizekanzler: "Ich tu mir beinahe schwer das zu bewerten. Bei allem Respekt, Herr Bundeskanzler, das war keine Darstellung, was das Budget anlangt, sondern eine Standpauke. Für wen? Ok, für uns, wir nehmen das mit." Für Lacher sorgte der Vizekanzler im Anschluss mit der Feststellung: "Dass es ideologische Unterschiede gibt, haben sie mittlerweile bemerkt."
Eigentlich hätte Mitterlehner ja gerne mehr den Fokus darauf gerichtet, was der Regierung gelungen ist - etwa dass man nach sieben Jahren Wirtschaftskrise wieder ein strukturelles Nulldefizit erreicht habe, in den internationalen Rankings nach vorne wandere und sich auch der Bereich Forschung und Entwicklung sehr positiv entwickle. Auch bei den großen Strukturmaßnahmen sei man, glaube er zumindest, auf einem guten Weg. Das rechnet der VP-Chef wohl seiner Partei zu. Denn wenn die SPÖ eine Maschinensteuer fordere, brauche sich die ÖVP keine Sorgen machen, wer als Wirtschaftspartei wahrgenommen werde.
Glawischnig sieht "offene Feindseligkeit"
"Offene Feindseligkeit" zwischen Rot und Schwarz konstatierte Grünen-Klubchefin Eva Glawischnig schon vor den Reden Kerns und Mitterlehners. Sie habe den Eindruck, dass hier ein Budget gegeneinander vorgelegt werde. "Das ist sehr bedauerlich, weil es nicht im Interesse der Österreicher ist." Im Übrigen sei das Budget ein extrem konservatives, tatsächliche Herausforderungen in Sachen Bildung, Forschung, Arbeitsplätze, Investitionen und Klimaschutz würden nicht angesprochen. "Wir würden das anders anbieten."
Einen Zähler Regierung gegen Steuerzahler stellte Neos-Chef Matthias Strolz auf, die Bevölkerung stieg im Endeffekt 0:5 aus. Versäumnisse ortete er beim Finanzausgleich, der Abschaffung der "kalten Progression", bei der Bildung, dem Bürokratieabbau und der Pensionsreform. Dies sei "zutiefst verantwortungslos".
Robert Lugar vom Team Stronach fühlte sich in eine Zeitschleife versetzt. Im Vorjahr habe er Schelling für seine Befunde in dessen erster Budgetrede Beifall geklatscht, gestern habe der Minister dies alles aber einfach wiederholt. "Es hat sich in der Zwischenzeit nichts geändert", kritisierte er.
Schelling gibt sich versöhnlich
Weniger angriffig als in seiner Budgetrede zeigte sich schließlich der Finanzminister. "Ich sehe keinen Streit über das Ziel, wo wir dieses Land hinbringen wollen. Ich sehe nur einen Diskurs darüber, mit welchen Maßnahmen schaffen wir diese Zielerreichung", sagte er. Seine Wortmeldung begann Schelling sogar mit demonstrativem Dank an den Kanzler, denn dieser habe gesagt, dass niemand neue Schulden wolle. Dass es eine konstruktive Auseinandersetzung über die Methodik zum Erreichen der wirtschaftspolitischen Ziele gebe, sei gerechtfertigt. Das große Ganze dürfe man dabei nicht aus den Augen verlieren.
Seine Anmerkungen hätten auch nichts mit der Zuordnung der Ressorts zu SPÖ oder ÖVP zu tun. Auch an einem schwarzen Sozialminister hätte er Kritik geübt, beteuerte Schelling. All jenen, die mit seinen Aussagen hart ins Gericht gegangen waren, warf er selektive Wahrnehmung vor. So habe er keine Kritik an Investitionen in die öffentliche Infrastruktur geübt und etwa den Brenner-Basistunnel keineswegs infrage gestellt.
(APA)