Der lange Schatten der Hofburg-Wahl

Austrian presidential candidate Van der Bellen addresses a news conference in Vienna
Austrian presidential candidate Van der Bellen addresses a news conference in Vienna(c) REUTERS (LEONHARD FOEGER)
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Der Mann, der Van der Bellen drohte, ist gefasst. Die Ermittlungen um die Vorgänge bei der aufgehobenen Stichwahl laufen noch. Im Innenministerium gibt es indes personelle Konsequenzen.

WIEN. Neben den beiden Spitzenkandidaten bereitet die Hofburg-Wahl auch zunehmend der Justiz Arbeit. So konnte nun jener Mann ausgeforscht werden, der via Internet Morddrohungen gegen Präsidentschaftskandidat Alexander Van der Bellen und Bundeskanzler Christian Kern ausgestoßen haben soll. Es handelt sich um einen 27-Jährigen aus dem Bezirk Bruck an der Leitha. Er ist geständig und wurde auf Anordnung der Staatsanwaltschaft Korneuburg angezeigt, wie die Landespolizeidirektion Niederösterreich berichtete.

Die Morddrohungen waren über das soziale Netzwerk Twitter erfolgt. Der Verdächtige konnte über die IP-Adresse und eine Handy-Ortung ausfindig gemacht werden. Der Mann ist laut Polizei „psychisch labil“. Auch Van der Bellen selbst meldete sich am Donnerstag zu den Morddrohungen zu Wort – auch über ein soziales Netzwerk, diesfalls Facebook. Er werde sich „nicht einschüchtern lassen“, erklärte er. „Im Gegenteil, ich werde meine Wahlbewegung fortsetzen“, betonte er in einem Posting. Er appellierte, generell auf eine gemäßigte Sprache zu achten.

Indes laufen seitens der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) Ermittlungen wegen möglicher Delikte, die im Zusammenhang mit der Stichwahl am 22. Mai begangen worden sein könnten. Eine Entscheidung, ob jemand angeklagt werde, sei noch nicht gefallen, hieß es dazu aktuell aus der WKStA zur „Presse“.

Immunitäten aufgehoben

Ermittelt wird wegen Amtsmissbrauchs und falscher Beurkundung im Amt. Gegen 20 Wahlbehörden sind Ermittlungen angelaufen, weil etwa Stimmen teilweise ohne die Beisitzer der Parteien ausgezählt wurden.

In drei Fällen hat die WKStA beantragt, die Immunität von Kärntner Landtagsabgeordneten aufzuheben. Es handelt sich dabei um Hannes Primus (SPÖ), der Beisitzer in der von Unregelmäßigkeiten betroffenen Bezirksstadt Wolfsberg war, sowie um die beiden freiheitlichen Mandatare Harald Trettenbrein und Roland Zellot. Auch sie waren Beisitzer in Bezirken, in denen es zu Unregelmäßigkeiten kam.

Der Aufhebung der Immunität wurde seitens des Landtags stattgegeben. Ohne diesen Akt könnte gegen die Abgeordneten gar nicht erst ermittelt werden. Mit dem Villacher Bürgermeister, Günther Albel (SPÖ), ist ein weiterer prominenter Kärntner Politiker unter jenen Personen, gegen die Verdachtsmomente geprüft werden. Hier geht es um die Frage, ob die Wahlkarten zu früh ausgezählt wurden.

Die Tätigkeit der WKStA geht auf Anzeigen des Innenministeriums zurück, das diese nach Bekanntwerden von Unregelmäßigkeiten zur Aufklärung eingebracht hatte. Ein Verdachtsfall, wonach Stimmen konkret manipuliert wurden, ist hingegen nach wie vor nicht bekannt. Bereits die Möglichkeit, dass Stimmen verändert worden sein könnten, reicht aber laut der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs als Grund, um eine Wahl aufzuheben.

Wahlchef entmachtet?

Die zuletzt neuerliche Wahlverschiebung vom 2. Oktober auf den 4. Dezember ist freilich in schlecht klebenden Wahlkarten begründet. Damit es beim nächsten Mal besser klappt, zieht Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) nun offenbar doch personelle Konsequenzen.

Robert Stein, Leiter der Wahlabteilung, soll künftig nicht mehr federführend für die Wahlorganisation verantwortlich sein. Stattdessen soll sein Vorgesetzter, der Sektionschef für Recht, Mathias Vogl, selbst stärker die Zügel in die Hand nehmen.

Im Innenministerium ist hinter vorgehaltener Hand von einer de facto teilweisen Entmachtung des langjährigen Wahlabteilungsleiters die Rede, indem man die Zuständigkeit für bestimmte Aufgaben ändert. Offiziell hieß es aus Sobotkas Büro nur, dass Sektionschef Mathias Vogl diesmal eine „aktivere Rolle“ bei der Wahl innehaben werde. (aich/APA)

AUF EINEN BLICK

Ein 27-Jähriger, der Alexander Van der Bellen gedroht hatte, wurde gefasst. Indes laufen noch Ermittlungen zur Frage, ob es bei der Stichwahl am 22. Mai zu strafrechtlichen Delikten gekommen ist. Im Innenministerium sollen als Konsequenzen aus den bisherigen Problemen die Zuständigkeiten für Wahlen intern verlagert werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.10.2016)

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