Das Finanzministerium überlegt die Reduktion der Körperschaftsteuer von 25 auf 20 Prozent. Das werde zwar „viel Geld kosten“, aber die Idee hat schon 2005 gut funktioniert und viele Firmen angelockt.
Rust/Wien. Österreich könnte mit einer Senkung der Körperschaftsteuer (KöSt) für positives Aufsehen sorgen. Das sagt nicht etwa ein von der Industrie bezahlter Lobbyist, sondern Gunter Mayr, Chef der Steuersektion im Finanzministerium. Bei einer Juristentagung am Freitag in Rust ließ Mayr „persönlich“ Sympathie für eine solche Maßnahme zur Verbesserung des Wirtschaftsstandorts erkennen. Gepaart mit der Gruppenbesteuerung wäre ein niedrigerer KöSt-Satz ein „attraktives Standortsignal“.
Konkret erläuterte Mayr eine Senkung des Steuersatzes von 25 auf 20 Prozent. Er hat dazu in seiner Sektion auch schon Berechnungen anstellen lassen: Bei einem jährlichen Steueraufkommen von derzeit knapp 7,5 Milliarden Euro würde die Verringerung um ein Fünftel rund 1,5 Milliarden kosten. Die Steuersenkung könnte allerdings die Wirtschaft stimulieren und so zu einem gewissen Mehraufkommen führen: Die Ökonomen im Ministerium rechnen mit einem Wirtschaftsimpuls in der Höhe von 300 Millionen Euro, sodass sich der geschätzte Ausfall auf 1,2 Milliarden reduzieren würde.
„Kostet viel Geld“
Mit seiner „persönlichen“ Sympathie liegt der Sektionschef jedenfalls ganz auf Linie des Finanzministeriums von Hans Jörg Schelling. Eine Sprecherin Schellings betonte am Sonntag im Gespräch mit der „Presse“, dass der europäische Trend in Richtung KöSt-Senkung gehe – „und daher schauen wir uns das auch an“. Eine Arbeitsgruppe der Regierung setze sich derzeit mit der Steuersenkung auseinander, die allerdings „viel Geld kosten“ werde. Jedenfalls sei eine allfällige KöSt-Senkung als „langfristige Maßnahme“ zu sehen. Im Gegensatz etwa zur Investitionszuwachsprämie, die kurzfristig greife.
Offen ist, wie der Koalitionspartner SPÖ auf dieses Ansinnen reagiert. Positive Erfahrungen mit der Senkung der Unternehmenssteuer hat der Fiskus jedenfalls schon im Jahr 2005 gemacht, als die KöSt von 34 auf 25 Prozent gesenkt wurde. Österreich hat sich damals einen Vorsprung im internationalen Steuerwettbewerb herausgeholt, der unter anderem dazu geführt hat, dass auch Deutschland wenig später die Einkommensteuer für Kapitalgesellschaften verringert hat (auf 19 Prozent; heute sind es nur noch 15 Prozent, inklusive Gewerbesteuer allerdings knapp 30 Prozent).

Vor der damaligen Steuersenkung in Deutschland hatte es gewisse Irritationen mit dem Nachbarland Österreich gegeben, weil deutsche Unternehmen regelrecht nach Österreich gestürmt waren: Allein 2005 hatten sich 55 deutsche Unternehmen in Österreich angesiedelt, im Jahr darauf waren es bereits 72. Das KöSt-Argument ist eben ein unschlagbares.
„2005 war die Absenkung ein richtiges und wichtiges Signal“, sagte Mayr beim Jahresforum für Recht und Steuern (RuSt) in Rust. „Aber 2016 schaut die Welt anders aus, und wenn wir nicht weitermachen, werden wir immer mehr hinterherhinken.“ Anfangs lag Österreich dank seiner Steuersenkung unter dem Durchschnitt in Europa, mittlerweile liegt das Land jedoch darüber (siehe Grafik).
Europäischer Trend
Und die Entwicklung im Ausland ist noch keineswegs abgeschlossen: So überlegen die Briten, zur Abfederung der Folgen des Brexit, ihren KöSt-Satz von derzeit 20 auf 17 Prozent zu senken; Luxemburg hat sich für 2017 bereits auf 19 Prozent festgelegt. Laut Rechtsanwalt Hanns F. Hügel, dem fachlichen Gesamtleiter von RuSt, will auch die Schweiz die Steuer senken, und zwar unter 15 Prozent; damit solle ausgeglichen werden, dass die Schweiz auf Druck der EU besondere Steuervorteile für zuziehende Holdinggesellschaften zurücknehmen muss. Den niedrigsten KöSt-Satz in Europa weisen Irland und Zypern mit 12,5 Prozent auf.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.10.2016)