Montenegro: Djukanovic-Partei verfehlt absolute Mehrheit

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161016 PODGORICA Oct 16 2016 Montenegrin Prime Minister Milo Djukanovic leader of the ruimago/Xinhua
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Die DPS ist zwar klarer Sieger, verliert jedoch absolute Mehrheit im Parlament. Ein angeblicher Putschversuch überschattete den Wahltag.

Die Partei von Montenegros Langzeit-Premier Milo Djukanovic ist wie erwartet klarer Sieger der Parlamentswahl vom Sonntag. Allerdings verfehlte die Demokratische Partei der Sozialisten (DPS) eine absolute Mehrheit, was eine Regierungsbildung schwierig machen dürfte und Djukanovic das Amt kosten könnte. Überschattet wurde der Urnengang von einem angeblichen Putschversuch prorussischer Serben.

Laut einer Hochrechnung des Wahlbeobachtungsinstituts CEMI nach Auszählung von 20,6 Prozent der Stimmzettel konnte sich die DPS 42,2 Prozent der Stimmen sichern. An zweiter Stelle landete demnach das prorussische Oppositionsbündnis "Demokratischen Front" mit 22,80 Prozent der Stimmen, gefolgt vom prowestlichen "Großen Bündnis Kljuc" mit 11,6 Prozent. Die Wahlbeteiligung lag nach Angaben der Wahlbeobachtungsorganisation CDT bei gut 73 Prozent der insgesamt 528.000 Stimmberechtigten.

Serben wegen Terrorverdacht festgenommen

Im Wahlkampf war vor allem die künftige geopolitische Ausrichtung des Adriastaats beherrschendes Thema. Das Land ist zwischen einer weiteren Annäherung an EU und NATO sowie einem Kurswechsel in Richtung Moskau gespalten. Premier Djukanovic hat Russland in den vergangenen Wochen mehrmals vorgeworfen, sich zugunsten der prorussischen Opposition in den Wahlkampf eingemischt zu haben. Djukanovic hat die NATO- und EU-Annäherung des Landes vorangetrieben und dafür zuletzt heftige Kritik Moskaus geerntet.

Turbulent verlief auch der Wahltag. Innenminister Milo Djukanovic forderte die Bürger am Sonntagnachmittag auf, die Verkündung des Endergebnisses von zuhause aus und nicht auf öffentlichen Plätzen zu verfolgen. Hintergrund der Warnung war ein angeblich vereitelter Putschversuch prorussischer Serben am Wahltag.

Die montenegrinische Staatsanwaltschaft hatte am frühen Nachmittag mitgeteilt, die Polizei habe in der Nacht auf Sonntag eine Gruppe von 20 Serben wegen Terrorverdachts festgenommen. Diese hätten während der Verkündung des Wahlergebnisses "die vor dem Parlament versammelten Bürger und Polizisten attackieren" und danach das Gebäude besetzen wollen. Dort hätten sie "den Wahlsieg bestimmter Parteien verkünden" wollen, hieß es in der Erklärung der Staatsanwaltschaft, ohne das Wort "Putsch" direkt zu erwähnen. Zudem werde die Gruppe verdächtigt, Premier Djukanovic in ihre Gewalt bringen haben zu wollen.

Opposition spricht von "derber Propaganda"

Angeführt wurde die Gruppe laut offiziellen Informationen von Bratislav Bata Dikic, dem 2013 des Amtes enthobenen Befehlshaber einer serbischen Sonderpolizeieinheit, der aktuell die prorussische "Patriotische Front Serbiens" anführt. Serbiens Premier Aleksandar Vucic bestätigte die Festnahme Dikics, zeigte sich jedoch "verwundert, dass das am heutigen Tag passiert ist".

Wesentlich offener in seiner Kritik war der Vorsitzende der prorussischen "Demokratischen Front", Andrija Mandic: Es handle sich um "derbe Propaganda" vonseiten der Regierungspartei DPS, erklärte er.

Auch der im Mai aus den Reihen der prowestlichen Opposition bestellte Innenminister Goran Danilovic zeigte sich verwundert über die Erklärung der Staatsanwaltschaft. Er sei von der Polizei nicht über die Festnahme der Serben informiert worden, erklärte er Medien gegenüber. Auch habe er bereits um 15.00 Uhr um ein Treffen mit Polizeichef Slavko Stojanovic gebeten, dieser habe jedoch erklärt, keine Zeit zu haben.

Versuche, das politische System Montenegros zu destabilisieren, hatte es seit den Morgenstunden auch im Internet gegeben, wie das Telekommunikationsministerium des Landes bestätigte. Seit 8.00 Uhr seien mehrere Hackerangriffe auf Internetportale verschiedener Parteien und nicht-staatlicher Organisationen gemeldet worden. Einem Angriff sei auch die Telekom Montenegro ausgesetzt worden. Dieser konnte abgewendet werden, hieß es.

(APA)

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