Schulautonomie: Was die Schulen dürfen (sollen)

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Von Schulbeginn bis Personal: Wo die heimischen Schulen jetzt schon gewisse Freiheiten haben. Und was sich mit dem Autonomiepaket ändern könnte.

Wien. Elf Monate nach der Präsentation der Bildungsreform gibt es noch immer keinen Gesetzesentwurf zur Schulautonomie, aber zumindest einen weiteren Schritt: Heute, Dienstag, stellen Bildungsministerin Sonja Hammerschmid (SPÖ) und Staatssekretär Harald Mahrer (ÖVP) vor, wie weit das Autonomiepaket gediehen ist. Es soll den Direktoren mehr Macht geben, sie sollen etwa die Lehrer aussuchen dürfen. Bei Finanzen und Lehrplänen soll es mehr Freiheit geben. Und wie zuletzt durchsickerte, sollen bis zu acht verschiedene Schulen unter einem Direktor zusammengefasst werden können.

Wo die Schulen jetzt schon autonom sind. Und wo sich mit dem Reformpaket etwas ändern dürfte.

Zeit

Ein verbreiteter Mythos ist, dass die Schule um acht Uhr beginnen müsse: Muss sie nicht. Wann die Schule anzufangen hat, steht nicht im Gesetz. Im Regelfall darf der Unterricht nicht vor acht Uhr beginnen. Wenn es etwa wegen Busfahrplänen nicht anders geht, ist frühestens sieben erlaubt. Einen späteren Start kann der Schulgemeinschaftsausschuss oder das Schulforum aus Eltern, Lehrern und Schülern jederzeit verordnen.

Neue Fächer

Beim Lehrplan haben Schulen bereits jetzt eine gewisse Flexibilität. Innerhalb eines gewissen Rahmens dürfen sie – also der Schulgemeinschaftsausschuss – die Stundenzahlen für Unterrichtsfächer verändern, sie dürfen Freigegenstände und sogar neue Pflichtfächer einführen. Je nach Schultyp kann die Schule laut nationalem Bildungsbericht 2009 über fünf bis zehn Prozent der Unterrichtsstunden selbst entscheiden. Das könnte je nach Schultyp deutlich mehr werden: Im Bildungsreformpapier waren fünf (Volksschule) bis 33 Prozent (Unterstufe) angedacht.

Neue Lehrer

Im Personalbereich dürften die Änderungen am größten sein: Bis dato haben die Direktoren nämlich streng genommen kein Mitspracherecht, wenn sie neue Lehrer bekommen. Zuletzt war die Rede davon, dass die Schulleiter außer in Ausnahmefällen die Letztentscheidung über neue Lehrer treffen. In der Praxis reden die Schulen bei Neubestellungen schon jetzt meist zumindest ein bisschen mit. Vielfach können sie etwa auf Onlineplattformen Kandidaten anschreiben (und umgekehrt). Diese schlagen sie dann dem Dienstgeber – etwa dem Land – vor. Sie treffen aber nicht die letzte Entscheidung: Dafür ist unter anderem die Reihung der Lehrer ausschlaggebend. Bei der Direktorenbestellung darf der Schulgemeinschaftsausschuss bisher zumindest eine Stellungnahme abgeben. Künftig vielleicht häufiger: Der Direktorenjob könnte auf fünf Jahre befristet werden.

Budget

Bei den Finanzen haben die Schulen alles andere als freie Hand. Über rund zehn Prozent des Geldes könne ein Direktor an einer AHS entscheiden, heißt es aus der Gewerkschaft. Ob das im Reformpapier geplante Globalbudget für Schulen bzw. für die neuen Schulcluster aus bis zu acht verschiedenen Schulen wesentlich mehr ist als das, bleibt abzuwarten. Die Direktoren könnten aber entscheiden dürfen, ob sie für einen Posten lieber einen Lehrer oder einen Sozialarbeiter wollen.

Lerngruppen

Unter bestimmten Voraussetzungen dürfen die Schulen jetzt schon die Teilungszahlen bestimmen. Sie dürfen auch Stunden blocken. Solche Abweichungen von regulärem Stundenplan oder Organisation dürften erleichtert werden.

Noten

Ob ein Zeugnis aus Ziffern oder alternativen Beurteilungen besteht, darf in den ersten drei Volksschulklassen das Schulforum entscheiden: Das ist schon im Frühjahr beschlossen worden. Bisher brauchte es dazu einen Schulversuch. In den anderen Schultypen wird das wohl auch weiterhin so bleiben.

Freie Tage

Der bekannteste Teil der Schulautonomie, der auch nicht infrage steht: jene vier bzw. fünf Tage, die Schulen für schulfrei erklären können. Wobei: Zwei gibt mittlerweile wieder das Land vor. (beba/APA)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.10.2016)

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