Karakosch, eine Vorstadt von Mossul, war die größte christliche Stadt im Irak. Viele Bewohner wollen trotz der Zerstörung nun zurück.
Hunderte Christen aus der Stadt Karakosch haben den Einsatz der irakischen Regierungstruppen zur Befreiung ihres Heimatorts von der Jihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) gefeiert. "Heute ist ein glücklicher Tag. Es gibt keinen Zweifel, dass unsere Heimat befreit wird, und wir danken Gott, Jesus Christus und der Jungfrau Maria", sagte einer der Feiernden, Hasem Jeju Cardomi, am Dienstag in Erbil.
Die Regierungstruppen hatten zuvor mehrere Viertel von Karakosch zurückerobert. Die Stadt 15 Kilometer südöstlich von Mossul wurde seit August 2014 von den Dschihadisten kontrolliert. Es ist unklar, ob sich noch IS-Kämpfer in der Stadt befinden. Vor der Blitzoffensive der IS-Miliz im August 2014 lebten rund 50.000 Menschen in Karakosch, die meisten von ihnen Christen, doch zwang der Vormarsch der sunnitischen Extremistengruppe praktisch alle Einwohner zur Flucht.
Karakosch war die größte christliche Stadt des Irak. George Jahola, ein christlicher Flüchtling aus Karakosch, sagte bei den Feiern in Erbil, auch wenn ihre Häuser zerstört seien, wollten die Einwohner in ihre Heimatstadt zurückkehren. Die irakische Armee hatte in der Nacht auf Montag mit der Unterstützung kurdischer und schiitischer Milizen eine seit langem erwartete Großoffensive zur Rückeroberung von Mossul gestartet. Es wird aber ein langwieriger Kampf um die Großstadt erwartet.
Einsatz chemischer Waffen befürchtet
Die USA rechnen mit einem Einsatz von Chemiewaffen durch den IS im Kampf um Mossul. Anfang Oktober sei Senfgas auf einem von IS-Kämpfern abgefeuerten Geschoß gefunden worden, berichtete ein US-Regierungsvertreter. Man gehe davon aus, dass die Jihadisten "primitive" Chemiewaffen einsetzen werden.
Die Islamisten setzen nach Angaben von Bewohnern auch Zivilisten als menschliche Schutzschilde ein. Der IS hindere Einwohner an der Flucht aus der Stadt oder schicke diese sogar in Gebäude, die die Kämpfer kürzlich selbst genutzt hätten, berichtete ein Bewohner per Telefon am Dienstag.
"Es ist ganz klar, dass der Islamische Staat Menschen als Schutzschilde benutzt, in dem er Familien in Gebäude lässt, die mit großer Wahrscheinlichkeit angegriffen werden", sagte Abu Dahir, der seinen vollen Namen allerdings nicht nennen wollte. Der frühere Provinz-Gouverneur der Region, Abdul Rahman Waggaa, bestätigte dies aber ebenfalls. Er mahnte, die Anti-IS-Koalition müsse daher ihre potenziellen Ziele aktualisieren. Waggaa ist aus dem Einflussbereich des IS geflohen.
Tauziehen um Zukunft von Mossul
US-Präsident Barack Obama warnte, dass der IS trotz militärischer Niederlagen noch die Kraft für Terroranschläge habe. "Auch wenn Isis (der IS) weiter Boden im Irak, in Syrien und in Libyen verliert, hat dieser immer noch die Fähigkeit, Attentate durchzuführen und zu planen, so wie wir sie im Nahen Osten, in Nordafrika, in den USA und in Europa gesehen haben", sagte der scheidende Präsident in einem Interview.
Zugleich zeigte sich der US-Präsident zuversichtlich, den Krieg gegen die IS-Terrormiliz im Irak und in Syrien zu gewinnen. "Unsere Koalition ist in der Offensive, und auch wenn das ein sehr schwieriger Kampf ist, habe ich Vertrauen, dass wir gewinnen und Isis verlieren wird", sagte er. Seit einem Jahr habe die Terrorgruppe keine größere erfolgreiche Operation im Irak oder in Syrien verzeichnen können: "Isis bleibt in der Defensive."
EU-Sicherheitskommissar Julian King warnte vor negativen Folgen für Europas Sicherheit. "Die Rückeroberung der nordirakischen IS-Hochburg Mosul kann dazu führen, dass gewaltbereite IS-Kämpfer nach Europa zurückkommen", sagte King der "Welt" (Dienstag-Ausgabe). Das sei eine sehr ernste Bedrohung.
Frankreich, der Irak und weitere Partner wollen am Donnerstag in Paris über die künftige Stabilisierung von Mosul beraten. Mehr als 20 Länder und Organisationen sollten an dem Treffen teilnehmen, wie das französische Außenministerium mitteilte.
(APA/AFP)