EuGH kippt Preisbindung für rezeptpflichtige Medikamente

Bunte Tabletten und Medikamente
Bunte Tabletten und MedikamenteErwin Wodicka - BilderBox.com
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Die Festlegung einheitlicher Abgabepreise beschränke den freien Warenverkehr in der EU, sagt der Europäische Gerichtshof.

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat die deutsche Preisbindung für verschreibungspflichtige Medikamente gekippt. Die Festlegung einheitlicher Abgabepreise beschränke den freien Warenverkehr in der EU, heißt es in dem am Mittwoch verkündeten Urteil. Im Ausgangsfall hatte die Deutsche Parkinson Vereinigung mit der niederländischen Versandapotheke DocMorris ein Bonussystem für ihre Mitglieder ausgehandelt. Nach Ansicht der Deutschen Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs verstieß das jedoch gegen nationales Recht.

"Wir freuen uns sehr über die Rechtsprechung des EuGH", sagte DocMorris-Chef Olaf Heinrich. Sein Unternehmen habe den Kunden Boni auf Rezept stets "zulasten der eigenen Marge" gewährt. Chronisch kranke Menschen mit einem hohen und regelmäßigen Medikamentenbedarf würden so jährlich um mehrere Hundert Euro entlastet: "Der Patient spart, das Gesundheitssystem wird nicht belastet."

Die deutsche Festlegung einheitlicher Abgabepreise wirkt sich dem EuGH zufolge negativ auf Apotheken im EU-Ausland aus. Diesen Unternehmen könnte damit der Zugang zum deutschen Markt im Vergleich zu inländischen Anbietern stärker erschwert werden.

Laut Urteil ist der Versandhandel für ausländische Apotheken "ein wichtigeres, eventuell sogar das einzige Mittel", um einen unmittelbaren Zugang zum deutschen Markt zu erhalten. Überdies könne der Preiswettbewerb für Versandapotheken ein wichtigerer Wettbewerbsfaktor sein als für traditionelle Apotheken, argumentierten die Richter. Die traditionellen Anbieter seien besser in der Lage seien, Patienten durch Personal vor Ort individuell zu beraten und eine Notfallversorgung mit Arzneimitteln sicherzustellen.

Andere Situation in Österreich

Im Unterschied zu Deutschland gibt es in Österreich keine fixen Preise für rezeptpflichtige Medikamente, sondern Höchstaufschläge auf die Preise, wie es aus der Apothekerkammer auf APA-Anfrage hieß. Das gelte für den Großhandel wie auch für Apotheken. Die Preisfestsetzung muss zudem vom Gesundheitsministerium genehmigt werden.

Die deutschen Apotheker haben jedenfalls mit Sorge auf das EuGH-Urteil reagiert: "Europas höchste Richter haben den eindeutigen Willen des deutschen Gesetzgebers ausgehebelt und die Entscheidungen der obersten deutschen Gerichte negiert", sagte der Präsident der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände, Friedemann Schmidt. Die Apotheker seien entsetzt. Der EuGH habe in ein Politikfeld eingegriffen, das den Mitgliedstaaten vorbehalten sei. Der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) erwartet, dass jetzt der Druck auf die Arzneimittelpreise zunehmen wird.

(APA/Reuters)

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