Vor G20-Gipfel: "Diskussion um Managerboni nur Show"

G20-Gipfel in Pittsburgh
G20-Gipfel in Pittsburgh(c) Reuters (Jason Cohn)
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Vor dem heute in Pittsburgh beginnenden G20-Gipfel häufen sich die kritischen Stimmen. Die Diskussion über Bonuszahlungen für Bankmanager lenke nur von wichtigeren Fragen ab. Ein Experte warnt vor "Geisterdebatten".

Knapp ein Jahr nach dem Höhepunkt der aktuellen Finanzkrise - der Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers am 15. September 2008 - steigt ab heute in Pittsburgh der G20-Gipfel. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel sieht in dem G20-Gipfel in Pittsburgh eine "entscheidende Wegmarke" für eine bessere Kontrolle von Banken und Finanzmärkten. Und der britische Premierminister Gordon Brown will die G-20 langfristig zu einer "Weltwirtschaftsregierung" formen.

Tatsächlich wird an der in die Krise geratenen Architektur der Finanzwelt aber kaum gerüttelt. Nebenschauplätze geraten in den Vordergrund. So ist der Kampf gegen exzessive Manager-Boni ein Kernpunkt des Gipfels. Doch die Stimmen häufen sich: Die Debatte diene - ähnlich wie der medienwirksame Kampf gegen Steueroasen - bloß zur Verschleierung wichtiger Fragen.

"Populistisches Riesenthema Managerboni"

Der deutsche Wirtschaftsweise Peter Bofinger wirft der Politik Populismus vor. Die Diskussion über Bonuszahlungen für Bankmanager sei überwiegend Show und lenke von wichtigeren Fragen ab, sagte der Würzburger Wirtschaftswissenschaftler der "Welt". "Die Höhe der Boni ist völlig unproblematisch." Wichtig sei nur, dass die Zahlungen nicht mehr von kurzfristigen Ergebnissen abhingen.

"Das bedauerliche ist, dass dieses populistische Riesenthema auch in Pittsburgh von den eigentlich wichtigen Problemen ablenken wird, zum Beispiel von einer grundlegenden Veränderung des Ratingwesens", sagte Bofinger. Ähnlich sehe es bei den Plänen für ein zentrales Verzeichnis der Schulden von Banken, Fonds und Investoren aus: "Beim Thema Kreditregister tut sich überhaupt nichts. Dabei ist es doch für das gesamte Finanzsystem von ungeheurer Bedeutung zu wissen, wo sich Kredite klumpen." Nur damit ließen sich größere Schieflagen einzelner Marktteilnehmer bereits im Vorfeld erkennen und abwenden, sagte Bofinger.

Sinn: Zocker schlimmer als Manager-Boni

Auch Hans-Werner Sinn, Chef des deutschen Ifo-Instituts, ist der Meinung, dass die umstrittenen Boni für Manager nicht das Hauptproblem seien. Sinn betont, nicht die Anreize für die Manager seien das Hauptproblem, das zur Finanzkrise geführt habe, sondern die Anreize für die Aktionäre. Er warnt daher vor "Geisterdebatten" beim G20-Gipfel.

"Die Anleger wollen zocken. Und sie suchen sich dann die Manager, die zu den gefährlichen Geschäftsmodellen passen, bei denen im Normalfall große Gewinne an die Anleger fließen, in der Krise dann aber riesige Verluste auf die Allgemeinheit abgewälzt werden", sagt Sinn in der "Neuen Osnabrücker Zeitung".

"40fach-Verbriefung führt zu Schwindel-Produkten"

Der ifo-Chef forderte daher, zuerst eine weltweite Aufsicht für die Banken zu schaffen, die gegenüber den nationalen Aufsichtsbehörden eine Kontrollfunktion haben müsse und auf schärfere Kontrollen dränge. Zudem fordert er schärfere Eigenkapitalvorschriften: "Risikopositionen in den Bankbilanzen dürfen nicht länger kleingerechnet werden. Das würde bedeuten, dass die Banken sehr viel mehr Eigenkapital vorhalten müssen". Auch eine Steuerung der Eigenkapitalquoten je nach konjunktureller Lage hält er für sinnvoll.

Sinn spricht sich für eine Überprüfung des Derivate-Handels aus. Bei der Verbriefung von Wertpapieren müsse nach einer oder zwei Stufen Schluss sein. "Denn 40fache Verbriefungen haben ja nur zu Schwindel-Produkten geführt."

(phu /Ag.)

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