Direktoren hätten ihre kleinen Spielräume schon bisher nicht ausgeschöpft, sagt Wissenschaftler Stefan Brauckmann.
Ist Schulautonomie ein Allheilmittel?
Stefan Brauckmann: Sicherlich nicht. Obwohl die grundlegende Annahme darin besteht, dass mehr Autonomie automatisch zu besseren Leistungsergebnissen führt, gibt es dazu überraschend wenige empirische Belege. Klar ist, dass Autonomie allein nicht zu einer besseren Qualität des Lernens führt. Sie kann positive, keine und bisweilen auch negative Auswirkungen haben.
Was braucht es neben Autonomie noch, damit sie positive Effekte hat?
Ich umschreibe das gern mit einem Spruch aus dem Film „Spiderman“: With great power comes great responsibility – aus großer Macht erwächst große Verantwortung. Dies sind die siamesischen Zwillinge der Neuen Steuerung – Autonomie und Rechenschaftslegung. Es braucht also ein Controlling, das prüft, ob die selbst gesteckten Ziele auch erreicht wurden.
Sind Schuldirektoren für eine solche Managementaufgabe überhaupt ausgebildet?
Was die Forschung zeigt, ist, dass selbst verhältnismäßig geringe Handlungsspielräume bisweilen nicht voll ausgeschöpft werden. Die Frage ist doch, in wie weit man den Direktoren Autonomie überhaupt verordnen kann, und welche Bedingungen deren Nutzung vor Ort tatsächlich fördern.
Sie sagen, dass Autonomie auch negative Effekte haben kann. Welche?
Mehr Autonomie kann an bestimmten Bildungsstandorten auch zu mehr Wettbewerb zwischen Schulen führen.
Das muss ja nicht negativ sein.
Es bedeutet aber, dass Schulen zunehmend in Konkurrenz um die Ressource Schüler treten. Dann ist die Frage, welche Kinder von dieser Art Wettbewerb langfristig profitieren werden.
Heißt das, dass Sie befürchten, dass es dadurch mehr Elite- bzw. Restschulen gibt?
Solch eine Entwicklung ist für manche Standorte nicht ganz auszuschließen.
Steckbrief
Stefan Brauckmann
ist seit Jänner 2015 Universitätsprofessor für Qualitätsentwicklung und Qualitätssicherung im Bildungsbereich am Institut für Unterrichts- und Schulentwicklung der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt.
Forschung
Der gebürtige Deutsche habilitierte 2014 an der Freien Universität Berlin mit dem Thema „Schulleitung im Kontext Neuer Steuerung – Konzeptionelle Annäherungen und empirische Befunde“. Die Forschungsschwerpunkte des 43-Jährigen sind Schulentwicklung, Schulleitungsforschung sowie Bildungsmanagement und -monitoring.
http://ius.aau.at
("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.10.2016)