G20: Uneinigkeit bei Regeln für Banken

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Obama(c) AP (Richard Drew)
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Die USA fordern global einheitliche Kapitalvorschriften für Finanzinstitute. Die EU ist dagegen.

Pittsburgh/New York. Über zu wenig Arbeit kann sich Barack Obama momentan nicht beklagen. Donnerstagvormittag hatte der US-Präsident noch beim Gipfel des UN-Sicherheitsrates in New York gesprochen, ehe die Air Force One am späten Nachmittag in Pittsburgh im US-Bundesstaat Pennsylvania zur Landung ansetzte. Dort bleiben Obama genau 24 Stunden Zeit, um gemeinsam mit 19 anderen Staats- und Regierungschefs eine präsentable Strategie für ein Ende der Wirtschaftskrise zu finden.

Die deutsche Regierung forderte zu Beginn des Gipfels der 20 größten Volkswirtschaften eine globale Abstimmung der Notenbanken. Bundeskanzlerin Angela Merkel will die Zinspolitik der Federal Reserve und der Europäischen Zentralbank aufeinander abstimmen. Der Chef der US-Notenbank, Ben Bernanke, kündigte unmittelbar vor dem Treffen an, den Zinssatz noch zumindest bis zum Frühjahr 2010 gering halten zu wollen. „Die Konsumausgaben sind immer noch zu niedrig“, sagte der oberste Banker. Dazu würden vor allem die hohe Arbeitslosigkeit und Engpässe am Kreditmarkt beitragen. Mit niedrigen Zinsen will die Zentralbank Fed den Privatbanken Kapital möglichst günstig zur Verfügung stellen, damit diese die Kredite wiederum an die Konsumenten und Kleinbetriebe weitergeben. Es wird erwartet, dass sich die Europäische Zentralbank dieser Strategie anschließt und die Zinsen heuer nicht mehr erhöht.

Dilemma rund um die „Exit-Strategie“

Dies stärkt wiederum jene Kritiker, die eine hohe Inflation befürchten, sobald die Konjunktur wieder in Fahrt kommt. Die Zentralbanken haben Billionen von Dollars und Euro in Umlauf gebracht, um die Wirtschaft anzukurbeln. Durch höhere Zinsen würde ein Teil des Geldes aus dem Verkehr gezogen, weil die Anlage bei Finanzinstituten interessanter würde.

Allerdings sehen sich die Staats- und Regierungschefs bei ihrem Treffen in Pittsburgh mit einem Dilemma konfrontiert. Auf der einen Seite erwartet die Öffentlichkeit eine klare „Exit-Strategie“. Das inkludiert Informationen darüber, wie man eine Hyperinflation vermeiden will. Auf der anderen Seite wollen sich die Politiker und Notenbanker nicht genau festlegen, weil eine erneute Panik an den Aktienmärkten befürchtet wird. Die Finanzinstitute seien noch zu instabil, um einen exakten Zeitplan für ein Ende der Hilfspakete vertragen zu können, lautet das Argument.

Die größten Volkswirtschaften sind sich dieses Dilemmas bewusst und werden deshalb zwar geschlossen ein baldiges Zurückschrauben der Staatshilfen versprechen, um Inflationsängste zu beruhigen. Sie werden sich aber davor hüten, Zeitpunkte zu nennen, um die Märkte nicht zu beunruhigen.

Deutlich weniger Einigkeit herrschte in Pittsburgh indes beim Thema Kapitalerfordernisse für die Banken. Um den Kollaps großer Institute in Zukunft zu vermeiden, wollen die Politiker das Eigenkapital der Banken verpflichtend erhöhen. Doch während sich die USA in diesem Bereich gezielt für einheitliche globale Regeln aussprechen, sind Deutschland, Frankreich und Großbritannien dagegen. Der Grund liegt im Detail. Aufgrund unterschiedlicher Bilanzierungsvorschriften weisen Europas Institute deutlich größere Vermögenswerte als die US-Konkurrenz auf. Würde nun ein einheitlicher Prozentsatz festgelegt, führte dies zu einem Wettbewerbsvorteil für US-Banken.

Experten befürchten deshalb, dass es auch am heutigen Freitag in diesem Bereich zu keiner Einigung kommen könnte und die Staats- und Regierungschefs ohne konkretes Ergebnis abreisen werden. Gleiches droht in der Diskussion rund um die Bonuszahlungen. Laut Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy „streite“ man zwar „die ganze Zeit“, sei von einem Ergebnis aber weit entfernt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.09.2009)

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