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Ewiges Provisorium Ceta?

BELGIUM-EU-CANADA-TRADE-POLITICS-DEMO
(c) APA/AFP/JOHN THYS
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Investorenschutz tritt erst dann in Kraft, wenn alle nationalen Parlamente zustimmen – also möglicherweise nie.

Brüssel. Angenommen, Belgier, Europäer und Kanadier einigen sich schlussendlich auf den Inhalt der diversen Zusatzerklärungen zu Ceta – wie geht es dann weiter mit dem europäisch-kanadischen Freihandelsabkommen? Der nächste Schritt wäre die Abhaltung des am gestrigen Donnerstag auf unbestimmte Zeit verschobenen EU/Kanada-Gipfels, bei dem der Vertrag vom Ratspräsidenten, Donald Tusk, und dem kanadischen Regierungschef, Justin Trudeau, feierlich aus der Taufe gehoben werden soll. Die EU-Kommission, die Ceta seit 2009 verhandelt hat, hat dem Rat die Unterzeichnung offiziell vorgeschlagen, mit der Beschlussfassung des Gremiums der EU-Mitgliedstaaten kann Ceta zur vorläufigen Anwendung kommen.

Damit wären jene Teile des Handelsabkommens provisorisch in Kraft, die im Vorfeld keine Kontroversen ausgelöst hatten. Ausgeklammert bliebe allerdings der Investorenschutz. Eingeführt werden können Schiedsgerichte für Investoren erst dann, wenn Ceta definitiv umgesetzt wird – und dazu bedarf es der Zustimmung des Europaparlaments sowie aller Abgeordnetenhäuser, die gemäß ihren nationalen Verfassungen am Ratifizierungsprozess beteiligt sein müssen (EU-weit sind es knapp 40 Parlamente). Beobachter gehen davon aus, dass dieser Ratifizierungsprozess Jahre dauern wird – und möglicherweise gar nicht abgeschlossen werden kann, sollten einige Mitgliedstaaten ihre Zustimmung verweigern.

 

Präzedenzfall Gatt

In diesem Fall würde Ceta wohl als ewiges Provisorium bestehen bleiben – analog zum internationalen Zollabkommen Gatt, dass jahrzehntelang unter Vorbehalt gegolten hatte und schlussendlich bei der Gründung der Welthandelsorganisation in die WTO-Verträge überführt wurde. Dieser Schwebezustand hätte den Vorteil, dass die EU so einen möglicherweise explosiven Konflikt über die innereuropäische Kompetenzverteilung umschiffen und trotzdem mit den Kanadiern frei handeln könnte. Der Nachteil dieses Arrangements: Bleibt Ceta mit einem Fragezeichen versehen, kann es nicht als Blaupause für andere Abkommen genutzt werden. (la)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.10.2016)