Das Kreuz mit der Kreuz-Autonomie

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Bildungsministerin Sonja Hammerschmid (SPÖ) will den Schulen doch nicht freistellen, ob sie ein Kreuz aufhängen. Eine gewisse Entscheidungsfreiheit gibt es aber jetzt schon.

Wien. Schulautonomie hin oder her: Beim Kreuz war Bildungsministerin Sonja Hammschmid (SPÖ) wohl ein bisschen vorschnell. Die Schulen sollten selbst entscheiden, ob sie ein Kreuz im Klassenzimmer aufhängen, sagte sie im ORF. „Meine Haltung ist: Das sollen die Schulstandorte für sich definieren, wie sie das haben wollen. Das wird in ländlichen Regionen ganz anders aussehen wie im städtischen Bereich. Ich stelle es frei.“ Inzwischen klingt das etwas anders: Man plane aber keine gesetzliche Änderung, heißt es gegenüber der „Presse“ aus Hammerschmids Büro. Es gebe keine Pläne, an den aktuellen Regelungen zu rütteln.

Die ÖVP hatte der Idee, die heikle Kreuzfrage den Schulen zu überlassen, schon zuvor eine klare Absage erteilt. „Das Kreuz gehört ins Klassenzimmer“, meinte Klubobmann Reinhold Lopatka. „Wir dürfen uns nicht verunsichern lassen, weil es viele Menschen bei uns aus anderen Kulturkreisen gibt. Wir müssen zu unseren Werten stehen. Dazu gehört auch das Symbol des Kreuzes, das auch ein kulturelles und nicht nur ein religiöses Symbol ist.“ Darum habe er dieses Thema bei der Klubobleutetagung kommende Woche auf die Tagesordnung gesetzt.

Ganz so einfach wäre es ohnehin nicht, an den derzeitigen Regelungen zu rütteln: Kreuze sind laut Gesetz in allen Klassenräumen anzubringen, in denen die Mehrzahl der Schüler einem christlichen Religionsbekenntnis angehört. Das ist per Konkordat abgesichert. Wie es im Schulvertrag mit dem Vatikan aus dem Jahr 1962 wörtlich heißt: „Eine Änderung dieses Zustandes wird nicht ohne Einvernehmen mit dem Heiligen Stuhl stattfinden.“

Für die Pflichtschulen gibt es je nach Bundesland teilweise weitergehende Vorschriften als die mit der Mehrzahl der Schüler: In Salzburg, Oberösterreich, Tirol, Vorarlberg und dem Burgenland müssen in jedem Klassenzimmer Kreuze hängen. „Als staatliche Symbole sind zumindest in jedem Klassenraum das Bundeswappen und das Landeswappen und in jeder Schule ein Bild des Bundespräsidenten und des Landeshauptmannes anzubringen“, heißt es beispielsweise im Salzburger Schulorganisationsgesetz. „Überdies ist in jedem Klassenraum ein Kreuz anzubringen.“

Keine Pflicht zum Abhängen

Eine gewisse Autonomie haben die Schulen beim Kreuz schon derzeit: Wenn weniger als die Hälfte der Schüler Christen sind, müssen die Kreuze in Bundesschulen bzw. in Bundesländern ohne strengere Regelung nämlich nicht unbedingt abgehängt werden, wie das Bildungsministerium zuletzt festgehalten hat. Es gibt dazu keine Regelung. Die Schulleitung kann auch entscheiden, das Kreuz hängen zu lassen – was etwa die Initiative „Religion ist Privatsache“ scharf kritisiert.

Wann die Mehrzahl der Schüler in einer Klasse christlich ist, ist übrigens auch komplizierter als gedacht, wie sich nach einem Streit um das Kreuz an einer Wiener Volksschule vor drei Jahren gezeigt hat. Das Bildungsministerium gab damals dann eine Anleitung heraus, um zu eruieren, wer im Sinn des Gesetzes christlich ist und wer nicht. Nämlich im Subtraktionsverfahren: Von der Gesamtschülerzahl werden Juden, Muslime, Buddhisten, Bahai, Hindus, Alt-Aleviten und Schüler ohne Bekenntnis abgezogen – alle anderen gelten als Christen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.10.2016)

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