Wie wichtig ist die „Gemeinsame Auslegungserklärung“?

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Um die Bedenken einiger Länder zu zerstreuen, wurde das Instrument eines Beipacktextes zum Ceta-Abkommen erfunden.

Eine zentrale Rolle in den Debatten um Ceta nahm in den vergangenen Wochen der sogenannte Beipacktext ein. Wieder aufgeflammte Kritik in einigen Ländern zwang Regierungen dazu, einige Punkte neu zu verhandeln. Da Kanada – und auch die EU-Verantwortlichen – das Abkommen selbst nicht mehr ändern wollten, wurde die Methode gefunden, einen Zusatztext zu vereinbaren. Begonnen hat damit der deutsche Wirtschaftsminister, Sigmar Gabriel, der mit einer Zusatzvereinbarung seine SPD-Basis überzeugen konnte. Es folgte Österreichs Bundeskanzler, Christian Kern, der kleine Änderungen erreichte – und schließlich Belgien, das lang das Abkommen blockierte.

Der Beipacktext ist ein eher ungewöhnliches Instrument, da normalerweise ein Abkommen ohnehin klar sein sollte. So gab es Juristen, die die Rechtsverbindlichkeit anzweifelten. Mittlerweile ist dies unter den Rechtsexperten einigermaßen geklärt.

Doch was steht jetzt tatsächlich im Zusatzabkommen? Viele Formulierungen bestätigen eigentlich nur Sätze, die ohnehin im Abkommen stehen bzw. geben diese leicht abgewandelt wieder. Ein Beispiel: „Kanada und die EU anerkennen das Regelungsrecht im Interesse des Gemeinwohls“, heißt es im Beipacktext. Im Abkommen selbst steht: „Ceta gewährleistet, dass das Regelungsrecht der Staaten und der EU zur Erreichung von Gemeinwohlzielen unangetastet bleibt.“

Ähnliche Worte wie im Text

Neben solchen Verdoppelungen sind im Lauf der vergangenen drei Wochen auch Wiederholungen mit anderer Formulierung im Beipacktext gelandet. In der „Joint Interpretative Declaration“ („Gemeinsame Auslegungserklärung“) wird auch der umstrittene Investitionsschutz näher beschrieben, in ähnlichen Worten wie im Text. Wiederum wird bestätigt, dass es sich um ordentliche Gerichte handelt. Die EU und Kanada würden sich zudem dafür einsetzen, ein internationales Investitionsschutzgericht einzurichten.

Ein anderes Beispiel sind die öffentlichen Dienstleistungen: Im Vertrag heißt es, dass die EU und Kanada nicht gezwungen werden dürften, öffentliche Dienstleister wie Wasserversorgung, Gesundheit, soziale Dienstleistungen und Bildung zu privatisieren oder zu deregulieren. Ähnlich steht es im Zusatztext.

Präzisierungen gibt es dann unter anderem auch in Hinblick auf Umwelt- und Sozialstandards sowie zur Rolle von Klein- und Mittelbetrieben (KMU). Außerdem wurde ein konkreter Verweis auf das EU-Vorsorgeprinzip aufgenommen. Da heißt es: „Die EU, ihre Mitgliedstaaten und Kanada bestätigen noch einmal ihre Verpflichtungen, die sie hinsichtlich von Vorsorge in internationalen Abkommen eingegangen sind.“

Interessant ist auch das deutsche Vorgehen. Denn dort hat der Verfassungsgerichtshof am 13. Oktober ein Urteil gefällt. Dieses sieht vor, dass Ceta grundsätzlich möglich sei, aber unter Auflagen. So müsse die Bundesrepublik bei der Unterzeichnung verbindlich erklären, dass Deutschland unter bestimmten Umständen aus Ceta wieder aussteigen kann.

Schließlich haben in den letzten Wochen die belgischen Wallonen das Ceta-Projekt noch durch zahlreiche Einwände blockiert. Sie haben eine weitere „Declaration“ produziert, in der für die Belgier wichtige Präzisierungen zum Ceta-Vertragstext enthalten sind. Unter anderem wird dort auch ein Ausstiegsrecht, wie es die Deutschen haben, verlangt.

(g.b.)

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