BA-Chef: "Auch Dinge tun, die keine Rendite abwerfen"

Willibald Cernko
Willibald Cernko(c) Michaela Bruckberger
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Am 1. Oktober wird Willibald Cernko neuer Chef der Bank Austria. Sie ist mit einer Bilanzsumme von 207 Milliarden Euro die größte Bank in Österreich. Cerko will im Privatkundengeschäft neue Schwerpunkte setzen.

„Die Presse“: Herr Cernko, Sie haben Ihre Karriere bei einer kleinen Raiffeisenbank in der Steiermark begonnen, sind aber schon nach zwei Jahren ausgestiegen. War Ihnen bei Raiffeisen die Luft zu dünn?

Willibald Cernko: Ich war vor meiner Tätigkeit bei Raiffeisen fünf Jahre beim Bundesheer. Ich tu mir in großen Organisationen deutlich leichter. In der Raiffeisenbank war für mich die Decke sehr schnell erreicht. Ich habe dort die Perspektive nicht gesehen. Daher bin ich zur Creditanstalt nach Wien gegangen.

Wie haben Sie sich in der größten Bank Österreichs vom kleinen Mitarbeiter ohne Studium ganz nach oben gearbeitet?

Cernko: Ich habe die Matura im zweiten Bildungsweg gemacht. Für mich ist das Studium kein Erfolgskriterium. Das Wesentliche ist Leistungsbereitschaft. Ich habe mich voll in den Beruf reingehängt. Ich rate jedem, sich aktiv in das Berufsleben einzubringen und nicht zu warten, bis man gefragt wird.

Sie werden als Banker ohne Samthandschuhe beschrieben. Stimmt es, dass Sie bei Anweisungen nicht zweimal Bitte sagen?

Cernko: Ich bin ein sehr konsequenter Mensch in der Verfolgung von Zielen. Es ist erstaunlich, wie viele Leute bei der ersten Schwierigkeit aufgeben. Ich sage schon Bitte – und ich sage es auch ein zweites Mal, aber irgendwann ist Schluss mit der Debatte. Ich sehe mich als aktiven Teamspieler. Es haben alle anzupacken.

Was war für Sie bislang die größte Herausforderung?

Cernko: Die Arbeit als Privatkundenvorstand bei der HypoVereinsbank in München. Die Sparte schrieb Verluste. Und ich war der achte Vorstand in fünf Jahren. Am Anfang haben sich noch alle gefragt, wie lang ich wohl bleiben werde. Doch ich bin hartnäckig und gebe nicht beim ersten Mal auf. Schließlich hat auch das Privatkundengeschäft der HypoVereinsbank den Turnaround geschafft.

Welche Schwerpunkte werden Sie in der Bank Austria setzen?

Cernko: Der wichtigste Schwerpunkt ist für mich Kundenorientierung. Jedes Jahr werden 50.000 Kunden befragt. Die Resultate fließen in die Bemessung des Gehalts ein. Die Hälfte meines variablen Gehalts hängt von der Kundenzufriedenheit ab.

Apropos Kundenzufriedenheit: Zahlreiche Kunden prozessieren gegen die Bank Austria wegen angeblicher Beratungsfehler bei Devisen-Optionsgeschäften.

Cernko: Hier sind wir in sehr intensiven Gesprächen. Wenn es Unklarheiten gibt, wollen wir das mit den Kunden regeln. Wir sind hier durchaus offen.

Zudem haben hunderte Kunden Klagen eingebracht, weil die Bank Austria Fonds des US-Betrügers Madoff verkauft hat. Hat die Bank hier Fehler gemacht?

Cernko: Bei Madoff ist die Situation ganz klar: Das ist ein Betrugsfall. Es war jedem bewusst, dass das kein Sparbuch-Investment, sondern ein Hedgefonds ist. Die Bank Austria hat auch – anders als von einigen behauptet – bei der Prospektprüfung der Fonds ordentlich und richtig gehandelt.

In Österreich verdienten die Chefs der Großbanken im Vorjahr zwischen einer und zwei Millionen Euro. Wie viel werden Sie in etwa verdienen?

Cernko: Ich bitte um Verständnis, dass ich das nicht genau sagen will. Mein Bezug liegt aber deutlich niedriger.

Wird die Bank Austria Staatshilfe in Anspruch nehmen?

Cernko: Wir prüfen derzeit alle möglichen Optionen. Am 29. September wird der UniCredit-Aufsichtsrat darüber entscheiden.

Die Banken müssen hohe Vorsorgen für Kreditausfälle bilden. Wann wird der Höhepunkt erreicht sein?

Cernko: Die Banken spüren die Auswirkungen der Krise zeitverzögert. Experten sagen, die Krise habe schon den Boden erreicht. Das könnte bedeuten, dass bei den Kreditausfällen der Höhepunkt im ersten Quartal 2010 erreicht sein wird.

Die Deutsche Bank hat sich als langfristiges Ziel eine Eigenkapitalrendite von 25 Prozent gesetzt. Wie lautet Ihre Vorgabe?

Cernko: 25 Prozent sehe ich in einem nachhaltigen Geschäftsmodell nicht. Ich halte eine Rendite von 15 Prozent nach Steuern für vernünftig. Hier sind wir ganz gut unterwegs. Im Vorjahr haben wir acht Prozent erreicht, im ersten Halbjahr (2009, Anm.) waren es zwölf Prozent.

Einige Banken sind angeschlagen. Sind Sie an Zukäufen interessiert?

Cernko: Unser Schwerpunkt liegt klar im organischen Wachstum, vor allem in Osteuropa.

Wie wird sich die Bankenlandschaft in Österreich verändern? Sind Sie an der Bawag oder an der Hypo Group Alpe Adria interessiert?

Cernko: Ich möchte mich nicht an Spekulationen beteiligen. Ich zähle uns in Österreich nicht zu den aktiven Spielern bei Zukäufen.

Die Bank Austria hat in Österreich 1,8 Millionen Kunden. Wie viele sollen es in drei Jahren sein?

Cernko: Ich war nie ein Freund von Ankündigungen. Qualität geht vor Quantität.

Wie lange wird die Bank Austria im UniCredit-Konzern für Osteuropa zuständig sein?

Cernko: Es denkt niemand daran, an unserer Zuständigkeit für Osteuropa zu rütteln. Von den 40 Millionen Kunden im Konzern ist die Bank Austria für 22 Millionen verantwortlich. Wir sind nicht das fünfte Rad am Wagen.

Wie reagieren Sie auf die Kritik der EU-Kommission, dass die Bankgebühren in Österreich zu hoch sind?

Cernko: Hier wurde einiges missverstanden. Die Banken bieten ähnlich wie im Tourismus „All-inclusive-Pakete“ an. Das wurde auch von den Konsumenten verlangt. Wir werden aber nach dem Feedback aus Brüssel deutlich einfachere und günstigere Kontolösungen anbieten.

Werden Sie Mitarbeiter abbauen?

Cernko: Laut unserem Dreijahresplan werden wir in Österreich 570 Beschäftigte von 11.000 Mitarbeitern bis Ende 2010 abbauen. Mehr ist nicht geplant. Anders sieht die Lage in der Ukraine und in Kasachstan aus, dort haben wir 2000 Stellen gestrichen. Ob in diesen zwei Ländern noch weitere Beschäftigte gehen müssen, ist offen.

Wie wird die Bank Austria in drei Jahren aussehen?

Cernko: Ich möchte, dass die Bank Austria in Österreich und in Osteuropa Nummer eins bleibt. Ich möchte auch, dass die UniCredit Group mit einem menschlichen Gesicht wahrgenommen wird. Hier werde ich Zeichen setzen.

Welche Zeichen meinen Sie?

Cernko: Es sollen Zeichen für die Kultur und für die Gesellschaft sein. Uns geht es nicht nur um Renditestreben – uns ist auch Soziales wichtig. Wir wollen einige Initiativen in den Bereichen Lehrlinge, Jugendarbeitslosigkeit und Integration unterstützen. Ich bin überzeugt, dass man im Leben auch Dinge tun muss, die keine Rendite abwerfen.

AUF EINEN BLICK

Am 1. Oktober wird Willibald Cernko neuer Chef der Bank Austria– mit einer Bilanzsumme von 207 Milliarden Euro die größte Bank in Österreich. Laut eigenen Angaben sind 88 Prozent der österreichischen Großbetriebe und 45 Prozent der Kleinunternehmen Kunden der Bank. Der 53-jährige Cernko begann seine Laufbahn als Kundenbetreuer in der Raiffeisenkasse Obdach-Weißenkirchen. Nach zwei Jahren wechselte der gebürtige Steirer zur Creditanstalt. Sein Sohn Leonard Cernko wurde 2006 zum „Koch des Jahres“ gewählt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.09.2009)

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