Kritik an Unterberger-Ablöse: "Quasi weggeputscht"

Andreas Unterberger
Andreas Unterberger(c) APA (Harald Schneider)
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SP-Kanzler Faymann lässt Andreas Unterberger als Chefredakteur des Republik-Organs "Wiener Zeitung" ablösen. Bei der ÖVP ist man irritiert. FPÖ und BZÖ sprechen von einem "roten Medienputsch".

Die Ablöse von Andreas Unterberger als Chefredakteur der "Wiener Zeitung" durch SPÖ-Chef und Bundeskanzler Werner Faymann sorgt für Irritationen beim Koalitionspartner ÖVP und für Empörung bei FPÖ und BZÖ. Freitagnachmittag wurde bekannt, dass Unterberger Anfang November durch Reinhard Göweil, Ressortleiter Wirtschaft beim "Kurier", bei der im Staatseigentum befindlichen Zeitung ersetzt werden soll.

Unterberger, dessen Vertrag - mit einer Option auf Ausstieg im April 2010 - noch fünf Jahre gelaufen wäre, erfuhr aus den Medien von der geplanten Auflösung seines Dienstverhältnisses.

ÖVP: "Das hat Unterberger nicht verdient"

Zwar wurde im Bundeskanzleramt betont, dass die Personalia vom Aufsichtsratschef, dem Herausgeber sowie dem Geschäftsführer der "Wiener Zeitung" aufbereitet worden sei. Laut Staatsdruckereigesetz erfolgt die Bestellung eines Chefredakteurs des Republik-Organs aber durch den Bundeskanzler höchstselbst. Auf ihn richten sich deshalb die Pfeile der politischen Gegner. "Ich bin erstaunt, wie leichtfertig der Bundeskanzler bereit ist, auf einen profilierten und ausgezeichneten Qualitätsjournalisten wie Andreas Unterberger zu verzichten", sagte ÖVP-Klubchef und -Mediensprecher Karlheinz Kopf am Samstag.

"Unterberger hat die 'Wiener Zeitung' aus ihrem Dornröschenschlaf geholt und aus dem Blatt eine sehr gute Zeitung gemacht. Zum anderen glaube ich, dass es Andreas Unterberger nicht verdient hat, von seiner Ablöse über die Medien zu erfahren", sagte Kopf.

FPÖ: "Quasi weggeputscht"

"Fassungslos" zeigte sich FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache. Unterberger sei von SPÖ-Kanzler Faymann und seinem Medien-Staatssekretär Josef Ostermayer "quasi weggeputscht" worden. Unterberger habe die "Wiener Zeitung" zum Leben erweckt und aus einem trockenen Verlautbarungsorgan eine Bereicherung für den österreichischen Printsektor entwickelt, er sei deshalb ein "wesentlicher Teil der rot-weiß-roten Zeitungsidentität".

Empört gab man sich auch beim BZÖ. Der orange Mediensprecher und Generalsekretär Stefan Petzner sprach ebenfalls von einem "roten Medienputsch". Unterbergers Ablöse sei "schäbig und einer Demokratie unwürdig" und sollte anderen unabhängigen Medien und Journalisten zu denken geben. "Dort wo die SPÖ Einfluss hat, wird massiver parteipolitischer Druck für eine willfährige rote Berichterstattung ausgeübt, wie beispielsweise im ORF", so Petzner weiter.

Noch von Kanzler Schüssel engagiert

In der SPÖ war und ist der konservative und wirtschaftsliberale Unterberger schon seit längerem umstritten. Der frühere "Presse"-Chefredakteur wurde noch unter ÖVP-Kanzler Wolfgang Schüssel als redaktioneller Leiter der staatlichen Zeitung engagiert. Bereits im Sommer 2007 hatte die damals wieder zur Kanzlerpartei avancierte SPÖ versucht, Unterberger abzulösen, machte aber wegen des medialen Aufschreis einen Rückzieher. Nun hat man offenbar die Möglichkeit des Ausstiegs aus dem Vertrag mit Unterberger genutzt.

Mit der Bestellung des künftigen Chefredakteurs Reinhard Göweils ist die strategische Vorgabe verbunden, dass die '"Wiener Zeitung" eine Tageszeitung bleibt und in Zukunft noch stärker in Richtung Qualitätssegment positioniert werden soll.

(APA)

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