Ukraine probt "Plan B" gegen die Korruption

Überraschend geringe Bargeldbestände meldet der ukrainische Präsident Petro Poroschenko in die neue Anti-Korruptionsdatenbank.
Überraschend geringe Bargeldbestände meldet der ukrainische Präsident Petro Poroschenko in die neue Anti-Korruptionsdatenbank.(c) APA/BUNDESHEER/PETER LECHNER
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Ein neues Gesetz zur Korruptionsbekämpfung verlangte von ukrainischen Beamten detaillierte Informationen zu den eigenen Vermögensverhältnissen.

Zehntausende ukrainische Politiker und Beamte haben in den letzten Wochen detaillierte Angaben zu ihrem Privatvermögen im Jahr 2015 gemacht und diese Informationen in einer Datenbank veröffentlichen lassen. Kurz vor Ablauf einer gesetzlichen Frist am Sonntagabend legte auch Präsident Petro Poroschenko als einer der letzten Spitzenpolitiker seine Besitzverhältnisse auf insgesamt 46 Seiten offen.

"Trotz heftigen Widerstands arbeitet das elektronische Deklarierungssystem und Phase 1 wurde erfolgreich abgeschlossen", kommentierte Poroschenko auf Facebook nach Veröffentlichung seiner Angaben. Dies sei ein weiterer Schrift in Bezug auf Transparenz und Verantwortung der Regierenden. Amtsträger hätten durch ihre Deklaration zudem ein starkes Signal an Partner in der Europäischen Union ausgesandt, erklärte der Staatschef.

Ein Seitenhieb auf die von der Ukraine schon lange angestrebte, aber bisher nicht umgesetzte Visafreiheit bei der Schengen-Einreise. "Die Ukraine hat alle 144 Bedingungen zur Abschaffung der Visapflicht für Ukrainer in der Europäischen Union erfüllt", schrieb Poroschenko. Er brachte seine Hoffnung zum Ausdruck, dass die EU bis zum Ukraine-Gipfel am 24. November eine diesbezügliche Entscheidung fällen werde.

Falsche Informationen sind strafbar

Das von der Europäischen Union zur Korruptionsbekämpfung geforderte Deklarierungssystem zwingt ukrainische Amtsträger zu detaillierten Angaben über ihr bewegliches und unbewegliches Vermögen. Falsche oder unvollständige Informationen sind strafbar. Neben einer erstmals am 30. Oktober fälligen Jahresmeldung muss die staatliche Agentur für Korruptionsprävention zudem über jede Vermögensveränderung informiert werden, die mehr als 2.550 Euro beträgt. Der Parlamentsabgeordnete Ihor Kotwiziki hatte deshalb kürzlich Details zu einer Shoppingtour in Österreich gemeldet, bei der er am 30. September in einigen Wiener Luxusboutiquen Kleidungsstücke und Accessoires im Wert von 21.400 Euro eingekauft hatte.

Das Geld des Präsidenten

Die ausstehende Jahresmeldung des Präsidenten war bis zuletzt mit Spannung erwartet worden: Der Süßwarenproduzent und Medienunternehmer Petro Poroschenko, dessen Vermögen von der ukrainischen Forbes-Ausgabe zuletzt mit 858 Millionen Dollar taxiert wurde, deklarierte am Sonntagabend mehr als 100 Firmen, die er 2015 in 10 Staaten kontrollierte, einige Häuser, Grundstücke und Fahrzeuge, eine Kunstsammlung, Luxusuhren und Schmuckstücke seiner Gattin. Während er als Staatschef im vergangenen Jahr lediglich 121.000 Hrywnja (etwa 4.300 Euro) verdiente, betrugen seine Einkünfte aus Zinsen und Investitionen 71,6 Mio. Hrywnja (2,57 Millionen Euro).

Poroschenko verwahrte indes kaum Bargeld zu Hause auf, in seiner Erklärung für 2015 deklarierte er lediglich 60.000 US-Dollar (54.600 Euro) und 800.000 Hrywnja (28.700 Euro). Der nunmehrige Premierminister Wladimir Groisman, der im vergangenen Jahr noch als Parlamentspräsident amtierte, hatte hingegen gemeinsam mit seiner Gattin mehr als 1,7 Millionen Euro in Bargeld zu Hause, der fraktionslose Parlamentsabgeordnete Wjatscheslaw Konstantinowski gab gar Cash in Höhe von 13,5 Mio. Euro an.

Sergei Melnitschuk, ein Abgeordneter der "Radikalen Partei", toppte seinen Kollegen und meldete irreale Bargeldbestände von einer Billion Hrywnja (36 Milliarden Euro). Das ist mehr als in der Ukraine im Umlauf sein dürfte.

Private Kirche

Ukrainische Journalisten waren zuletzt noch mit der Auswertung der Datenbank der Korruptionspräventionsagentur beschäftigt, die am Sonntagabend mehr als 118.000 Einträge umfasste. Abgesehen von einigen Spitzenbürokraten, die große Vermögenswerte angegeben hatten, sorgte Anatoli Matwijenko für Aufmerksamkeit: Dieser Parlamentsabgeordnete der Poroschenko-Fraktion deklarierte als Immobilienbesitz unter anderem eine 41 Quadratmeter große Mariä-Himmelfahrtskirche, die er 2014 in einem zentralukrainischen Dorf erworben hatte.

(APA)

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