Der Shoppingscity Seiersberg droht nach einem VfGH-Urteil das Aus. Nun warnt laut Landesregierung ein Gutachten vor einem "irreparablen Schaden für den Wirtschaftsstandort Steiermark".
Neues zur Causa Shoppingcity Seiersberg (SCS), der nach einem jahrelangen Rechtsstreit das Ende droht ("Die Presse" berichtete): Verkehrslandesrat Anton Lang (SPÖ) hat den Entwurf für die von der Gemeinde Seiersberg-Pirka beantragte Einzelstandortverordnung vorgelegt. Dieser geht nun für acht Wochen in Begutachtung. Das Land Steiermark hat eine Beratungsgesellschaft aus Baden beauftragt, ein umfassendes Gutachten über die Entwicklung im Raum Graz von 2003 bis 2016 zu erstellen.
„Keine negativen Auswirkungen auf Innenstadt“
Laut Aussendung des Landesrats kommen die Experten zum Schluss, dass die SCS zwar eine "erhebliche Marktwirkung" erziele, "die Funktionsfähigkeit zentraler Orte im Einzugsgebiet wird durch diese aber nicht beeinträchtigt. Die negative Entwicklung einzelner innerstädtischer Standorte in Graz ist der Entwicklung anderer, näher gelegener Einkaufszentren geschuldet. Trotz des Bestands der SCS hat sich die Versorgungssituation in Graz und den umliegenden zentralen Orten verbessert. Auch die übrigen im Großraum Graz gelegenen Einkaufszentren haben ihre Verkaufsflächen im untersuchten Zeitraum zum Teil massiv gesteigert." Außerdem habe das Einkaufszentrum in Seiersberg aufgrund der günstigen Lage "jedenfalls eine Existenzberechtigung".
Im Fall der baulichen Trennung der einzelnen Häuser des größten Einkaufstempels der Steiermark sei im "Best Case" von einem Umsatzrückgang von mindestens 20 Prozent auszugehen, wahrscheinlicher sei aber das Eintreten einer wirtschaftlichen Abwärtsspirale, die zur kompletten Schließung des Einkaufszentrums führt, gehe aus dem Gutachten hervor.
2100 Mitarbeiter könnten Job verlieren
Es stehe laut der Fachabteilung nun wissenschaftlich objektiviert fest, dass die SCS "in der derzeitigen Form zu keinen erheblichen negativen Entwicklungen geführt hat". Sollten seitens der Landespolitik keine weiteren Maßnahmen gesetzt werden, sei zu befürchten, dass es zur gänzlichen Schließung des Einkaufszentrums kommt. Dies hätte zur Konsequenz, dass zumindest 2100 Mitarbeiter ihren Arbeitsplatz verlieren.
"Überbleiben würde ein beschäftigungspolitisches Desaster sowie im schlimmsten Fall eine Bauruine unglaublichen Ausmaßes, der Schaden für den Wirtschaftsstandort Steiermark wäre irreparabel", hieß es in der Aussendung weiters.
Causa Seiersberg
Bereits seit Jahren gibt es einen Rechtsstreit zwischen den Grazer Innenstadtkaufleuten und dem Shoppingcenter Seiersberg. Der Streitpunkt ist, ob es sich bei der Shopping City um ein großes Center oder um fünf kleine handelt. Bewilligt wurden nämlich fünf "Einzelzentren", die baulich voneinander getrennt wurden, allerdings mit eingehausten Verbindungsgängen überbrückt. In dem 54-seitigen VfGH-Erkenntnis kommen die Höchstrichter zu dem Schluss, dass diese Lösung rechtlich nicht haltbar ist. Eine Einzelstandort-Verordnung könnte die Ausnahme von der Raumordnung legitimieren. Außerdem soll das Landes-Straßenverwaltungsgesetzes novelliert werden.
Bebauungsplan gefordert
Der infolge erstellte Entwurf einer Einzelstandortverordnung sehe nun vor, dass "auf der festgelegten Fläche die Erteilung einer baubehördlichen Bewilligung zur Errichtung und Erweiterung eines Einkaufszentrums mit Verkaufsflächen im Gesamtausmaß von höchstens 74.000 qm, davon höchstens 5.000 qm Verkaufsfläche für Lebensmittel, zulässig" ist. Außerdem sei seitens der Gemeinde Seiersberg-Pirka ein Bebauungsplan zu erlassen, der Bereiche vor Lärmemissionen schützt und die Nutzung der Verkaufsflächen für Lebensmittel auf eines der Häuser einschränkt.
In den kommenden acht Wochen wird der Entwurf der Einzelstandortverordnung aufgelegt. Jeder der möchte, kann eine Stellungnahme dazu abgeben. Sie werden nach Ende der Frist geprüft.
Die angekündigte Novellierung des Landes-Straßenverwaltungsgesetzes von 1964 dagegen sei eine Angelegenheit des Landtags Steiermark. Unabhängig davon sei der Antrag der Gemeinde Seiersberg-Pirka auf Erlassung einer Einzelstandortverordnung nach den Bestimmungen des Steiermärkischen Raumordnungsgesetzes 2010 zu betrachten. Vor der Erlassung der Einzelstandortverordnung wäre jedenfalls ein einstimmiger Beschluss der Landesregierung nötig.
(APA/Red.)