Mark Carney bat Finanzminister Hammond, seine Amtszeit um ein Jahr zu verlängern. Kritiker wollen den Brexit-Gegner so schnell wie möglich loswerden.
Der Chef der britischen Notenbank, Mark Carney, wird bis Mitte 2019 auf seinem Posten bleiben. Das teilte die Bank of England am Montag mit. Carney hatte sich zuvor zu Gesprächen mit Premierministerin Theresa May und Finanzminister Philip Hammond in London getroffen. Dabei scheint er sich nun mit der Regierung auf eine Verlängerung um ein Jahr geeinigt zu haben.
Die übliche Amtszeit des Notenbankchefs beträgt acht Jahre - Carney hatte aber zuvor angedeutet, 2018 Platz für einen Nachfolger zu machen. Der Notenbankchef gilt als wichtiger Garant für Stabilität nach dem Brexit-Votum, das zu einem dramatischen Wertverfall der britischen Währung geführt hatte. Carney ist seit 2013 im Amt.
Er begründete die Entscheidung mit den veränderten Umständen durch das Votum der Briten für einen EU-Austritt (Brexit) am 23. Juni. In einem Statement auf der Webseite der Britischen Notenbank teilte Carney mit, seine Verlängerung solle "helfen, einen geordneten Übergang zu den neuen Beziehungen Großbritanniens mit Europa zu sichern".
Spekulationen im Vorfeld
Am Wochenende hatten widersprüchliche Zeitungsberichte für Unruhe gesorgt. Die "Financial Times" (FT) berichtete, Carney stehe bereit, sein Amt bis 2021 auszuüben. Die "Sunday Times" berichtete dagegen, Carney werde wohl 2018 abtreten, denn er sei mit der Regierung von Premierministerin Theresa May unzufrieden und stehe Hammonds Vorgänger George Osborne näher. Die "Times" berichtete, der Kanadier habe persönliche Gründe für einen Rückzug 2018, da seine Familie in ihre Heimat zurückkehren wolle. Der Notenbankchef hatte eine Entscheidung bis Jahresende in Aussicht gestellt.
Befürworter des EU-Austritts hatten Carney vorgeworfen, er habe vor dem Brexit-Votum vom 23. Juni mit überzogenen Warnungen vor den wirtschaftlichen Folgen eines EU-Ausstiegs Stimmung gegen einen solchen Schritt gemacht.
Seit dem Brexit-Votum hatten Kritiker immer wieder Carneys Rücktritt gefordert. Sie warfen dem 51-jährigen Kanadier vor, die Neutralität der Notenbank verletzt zu haben. Carney hatte eindringlich vor den wirtschaftlichen Folgen eines Brexit gewarnt hatte.
Wasser auf die Mühlen seiner Kritiker gaben zuletzt Schätzungen der britischen Statistikbehörde zum Bruttoinlandsprodukt des Landes im dritten Quartal. Mit 0,5 Prozent übertraf die Wachstumsrate die Erwartungen und war weitaus höher als von der Bank of England befürchtet.
Kontinuität beruhigt die Märkte
Zuletzt sah sich Premierministerin Theresa May genötigt, Carney öffentlich den Rücken zu stärken. Er sei "absolut" der richtige Mann für den Job, ließ May wissen. Carney hatte die Anschuldigungen stets zurückgewiesen. Medien hatten aber bereits spekuliert, er könne diese Woche seinen Rücktritt bekannt geben - ein Schritt, der weitere Turbulenzen an den Märkten hätte auslösen können.
Finanzminister Hammond dankte Carney in einem offenen Brief für seinen Einsatz. "Ich bin dankbar für Ihren Beitrag zur geldpolitischen und wirtschaftlichen Stabilität bis zum jetzigen Zeitpunkt", schrieb Hammond.
Die Bank of England hatte die Zinsen in Großbritannien nach dem Brexit-Votum auf den historischen Tiefstwert von 0,25 Prozent gesenkt und damit in den Augen vieler Experten die britische Wirtschaft vor schlimmeren Folgen bewahrt.
(APA/dpa/Reuters)