Schäuble macht gegen Briefkastenfirmen mobil

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Ein Gesetz soll die Deutschen zwingen, Beteiligungen in Steueroasen offenzulegen. Banken müssen fast jede Offshore-Konstruktion melden und haften für Steuerausfälle. Österreich zieht nicht mit.

Wien/Berlin. Über sieben Monate ist es her, seit die Panama-Papers die Schlagzeilen dominierten. Die Enthüllungen über Geldwäsche und Steuerbetrug, eingefädelt von einer Kanzlei des karibischen Kleinstaats, ließen Regierungen in aller Welt schärfere Gesetze versprechen. Aber wenige Länder machen damit bisher so ernst wie nun Deutschland: Finanzminister Wolfgang Schäuble hat ein Gesetz entwerfen lassen, das die deutschen Bürger und Banken zur Offenlegung von Briefkastenfirmen in Steueroasen zwingen soll. Schon im Dezember soll das Kabinett das „Gesetz zur Bekämpfung der Steuerumgehung“ verabschieden.

Aber wie scharf wird hier wirklich geschossen? An drei Stellen will Schäuble die Briefkastenfirmen aushebeln. Zunächst bei den Bürgern selbst. Schon jetzt müssen die Deutschen ihrem Finanzamt mitteilen, wenn sie eine relevante Beteiligung an einer ausländischen Gesellschaft erwerben (in Österreich gibt es keine vergleichbare Bestimmung). Nun werden nur die Meldeschwellen gesenkt: auch bei nur indirekten Beteiligungen von 25 auf zehn Prozent. Zudem sollen die Bürger jede Beziehung zu Firmen außerhalb der EU offenlegen, wenn sie diese kontrollieren. Steuerexperte Claus Staringer von Freshfields in Wien hält diese Waffe für eher stumpf: „Wer nicht melden will, wird es auch künftig nicht tun.“ Zumal es in vielen Fällen um mehr gehe als Steuerbetrug, nämlich „um Geld aus problematischen Quellen“ wie etwa Korruption. Wer so etwas zu vertuschen hat, lässt sich von einer angedrohten Strafe von 25.000 Euro kaum abschrecken.

Deutlich schärfer könnten die neuen Vorschriften für Banken wirken. Sie müssen laut Entwurf künftig dem Fiskus melden, wenn sie für einen Kunden eine Offshore-Konstruktion aufsetzen oder Geschäfte mit Briefkastenfirmen vermitteln (ab einer Beteiligung des Kunden von 30 Prozent). Sonst droht ihnen ein Bußgeld von 50.000 Euro. Die Verpflichtung besteht ganz unabhängig davon, ob die Bank ihren Kunden der Geldwäsche oder Steuerhinterziehung verdächtigt. Sie soll also die eher schwach wirkende Meldepflicht des Bürgers absichern.

„Steuerliches Bankgeheimnis“ fällt

Mehr noch: Die Institute müssen auch für einen allfälligen Schaden geradestehen, also für die entstandenen Steuerausfälle haften. Das findet Staringer „schon stark“, denn: „Eine Bank hat ja oft keine Ahnung, was der Kunde mit der Gesellschaft macht.“ In die Haftung sollte sie nur für das genommen werden, „was sie auch überblicken und kontrollieren kann“. In Österreich müssen die Banken bisher nur dem Bundeskriminalamt melden, wenn sie einen Geldwäscheverdacht haben. Damit sie sich wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung strafbar machen, erklärt Staringer, müssten sie schon „mit Vorsatz“ handeln, also die betrügerische Absicht des Kunden „genau kennen“ und daran „qualifiziert mitwirken“. Solche Fälle seien „jedenfalls nicht zahlreich“.

Die dritte Waffe, die Schäuble in Stellung bringt, sind erweiterte Ermittlungsbefugnisse der Steuerbehörden. In Deutschland gibt es zwar kein zentrales Kontenregister wie seit Kurzem in Österreich. Aber während hierzulande der Zugriff des Staates streng begrenzt bleibt – der Fiskus darf die Existenz des Kontos nur bei begründetem Verdacht erfragen, seinen Inhalt gar nur mit Gerichtsbeschluss –, können die deutschen Behörden schon jetzt leichter auf einzelne Kontodaten zugreifen (übrigens fragen danach in der Mehrzahl der Fälle nicht die Steuerbeamten, sondern die Sozialämter – etwa um zu prüfen, ob ein Antragsteller kein Recht auf Leistungen hat, weil er über Vermögen verfügt).

Nun soll das „steuerliche Bankgeheimnis“, das die Institute in Deutschland gegenüber dem Fiskus noch hatten, endgültig fallen. Zudem können künftig Betriebsprüfer von Banken, die bei ihrer Arbeit zufällig auf Briefkastenfirmen stoßen, diese Information an die Steuerbehörde weitergeben.

Österreich zieht bei all diesen Verschärfungen nicht mit. Ein Sprecher des Finanzministeriums verweist auf Anfrage der „Presse“ auf das eben erst eingeführte Kontenregister. Und auf jene Maßnahmen, die sich aus europäischen und internationalen Zusagen ergeben, wie die Umsetzung der EU-Geldwäscherichtlinie und den automatischen Datenaustausch zwischen Behörden.

Mehr Druck auf Steueroasen

Welche gesetzlichen Konsequenzen hat der Panama-Skandal weltweit? Vor allem hat er die Initiativen beschleunigt, die schon im Laufen waren. Allen voran den eben erwähnten Datenaustausch, dem sich bis spätestens 2018 die meisten Länder anschließen sollen. Es steigt nun der Druck auf die Steueroasen selbst, dabei mitzumachen. Allen voran auf Panama, das mittlerweile zähneknirschend seinen Widerstand aufgegeben hat.

Die EU-Kommission will die vierte Geldwäscherichtlinie, die erst vor einem Jahr in Kraft getreten ist, weiter verschärfen. Brüssel möchte die europäischen Banken stärker als bisher dazu verpflichten, den wirtschaftlich Berechtigten hinter Briefkastenfirmen zu ermitteln. In den USA plant das Finanzministerium ganz ähnliche Gesetze, die bundesweit gelten sollen – also auch in inländischen Steueroasen wie Delaware. Aber es gibt auch Staaten, die weiter kräftig auf der Bremse stehen. Laut „Handelsblatt“ klagen deutsche Regierungskreise vor allem über Großbritannien, das die jungfräuliche Diskretion seiner Virgin Islands weiter schützen will.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.11.2016)

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