In der Außenpolitik agiert der Republikaner sehr sprunghaft. Seine Prämisse: „Amerika zuerst.“
Der „New Yorker“ prophezeite sie neulich in einer Karikatur auf seinem Cover voraus, die Angelobung Donald Trumps. Er schwört dabei auf eine Bibel, die Wladimir Putin – statt Melania Trump – in den Händen hält. Es ist das überspitzte Porträt der Kumpanei des New Yorker Immobilienzaren mit dem Kreml-Herrn, den er wegen dessen vermeintlicher politischer Potenz unverhohlen bewundert. Die Annexion der Krim, so suggerierte er, wolle er dem russischen Präsidenten, einem Bruder im Geiste, ohne Konsequenz durchgehen lassen. Halb im Scherz forderte er den russischen Geheimdienst auf, Hillary Clintons ominöse E-Mails ans Tageslicht zu befördern.
Man müsse mit Russland wieder ins Geschäft kommen: So lautet die Formel des Business-Zampanos, der allenthalben einen neuen, für die USA vorteilhaften Deal abschließen will – mit China und den Nafta-Partnern Kanada und Mexiko, das obendrein selbst für den Ausbau des Grenzwalls aufkommen soll. Trumps Außenpolitik ist nicht zuletzt vom Prinzip der Wirtschaftlichkeit bestimmt. Dass er die Beistandspflicht in der Nato für Mitgliedstaaten in Schwebe lässt, die nicht ihren vorgeschriebenen Obolus leisten, ist nur ein Beispiel, das die Welt der Diplomatie in Aufregung versetzt hat. In der „New York Times“ hat Kolumnist Tom Friedman schon früh über die „Miss-Universe-Politik“ des Kandidaten gehöhnt: eine Außenpolitik, die sich auf die Expertise des Miss-Machers beschränkt.
Trump "gefährlicher Präsident"
In einer außenpolitischen Grundsatzrede im Mayflower Hotel in Washington formulierte Donald Trump sein Credo: „Amerika zuerst.“ Darin schwingt ein Isolationismus mit, der in den USA in Wellen wiederkehrt. Konsistent und in sich schlüssig ist Trumps Linie indessen nicht. Sie gleicht eher einem Zickzackkurs. Nur eines ist gewiss: „Die Außenpolitik Obamas und Clintons ist ein komplettes Desaster.“ Gemeint ist insbesondere der Atomdeal mit dem Iran. Trump pocht auf eine Neuverhandlung. Hatte er erst für einen Einreisebann für Muslime plädiert, tritt er nun für eine rigorose Immigrationspolitik ein. „Hillary Clinton will die Angela Merkel Amerikas werden.“
Im Syrien-Krieg forderte der außenpolitische Novize einmal einen Bombenteppich zur Ausrottung der IS-Milizen, um später von einem Dritten Weltkrieg als Folge der Außenpolitik Clintons zu schwadronieren. Eine Flugverbotszone würde unweigerlich zur Konfrontation mit Moskau führen. Wie Trump-Insider bekennen, sei Trump von der Macht des Präsidenten über das Atomarsenal besessen und zudem beratungsresistent – mit ein Grund, warum sich keine hochkarätigen Experten seinem Team anschlossen. Republikanische Sicherheitspolitiker schlugen in einem offenen Brief Alarm: Trump wäre ein „gefährlicher Präsident“.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.11.2016)