Ganztagsschule: „Da tun mir die Kinder leid“

Künftig könnten Schüler auch im Sommer in der Schule betreut werden.
Künftig könnten Schüler auch im Sommer in der Schule betreut werden.(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Das 750 Millionen schwere Ausbaupaket wird begrüßt. Lehrer bezweifeln aber, dass das Geld für die Infrastruktur ausreicht.

Wien. Es sei immer gut, wenn es für die Schulen mehr Geld gebe: Das ist in etwa der Tenor, was das Ganztagsschulpaket angeht, für das es in den kommenden neun Jahren 750 Millionen Euro aus der Bankenabgabe gibt. In einigen Punkten gibt es aber dennoch Skepsis – etwa, was die Infrastruktur betrifft. Viele Schulen seien nicht für einen ganztägigen Betrieb ausgerichtet, sagt der oberste Lehrervertreter, Paul Kimberger, zur „Presse“. „An manchen Standorten tun mir die Kinder leid, die den ganzen Tag in der Schule verbringen müssen.“ Kimberger hofft, dass das Paket Verbesserungen bringt – bezweifelt aber, dass das vorgesehene Geld reicht.

Dabei ist das gar nicht so wenig: Fast die Hälfte des Ausbaupakets ist laut dem Gesetzesentwurf, auf den sich die Regierung am Freitag geeinigt hat („Die Presse“ berichtete), für Schulinfrastruktur vorgesehen. 345 der 750 Millionen Euro sollen demnach verwendet werden, um Schulen etwa mit Speisesälen oder Lehrerarbeitsplätzen für den ganztägigen Schulbetrieb fit zu machen.

Gibt es nach 2025 weiter Geld?

Ein Fragezeichen ist die Zeit nach dem Jahr 2025: Bis zu diesem Jahr werden in neun Tranchen zu 13 bis 65 Millionen Euro die 750 Millionen Euro ausgeschüttet. Was dann passiert, ist noch offen. Kimberger meldet jedenfalls schon seine Forderungen an: Der Ausbau von Ganztagsangeboten sei eine langfristige Sache, die langfristig finanziert werden müsse. „Da stellt sich die Frage: Was tun wir, wenn diese Einmalzahlung aufgebraucht ist?“

Ähnlich äußerte sich Gemeindebund-Präsident Helmut Mödlhammer (ÖVP), der die neuen Gelder für die Ganztagsschulen grundsätzlich begrüßt. Nach Ablauf der neun Jahre müsse der Bund weitere Mittel für die Ganztagsschulen zur Verfügung stellen, forderte er im ORF-Radio. Die Bundesländer hatten bereits vor dem fertigen Gesetzesentwurf Befürchtungen angemeldet, dass sie letztlich auf diesen Kosten sitzen bleiben könnten.

Das Ziel das Ausbaupakets: Bis 2025 soll jedes Kind im Alter von sechs bis 14 Jahren in einem Umkreis von 20 Kilometern einen ganztägigen Schulplatz vorfinden. Die Zahl der Plätze soll auf 240.000 verdoppelt werden. Dass in den ersten beiden Jahren nur verschränkte Ganztagsschulen und nicht die mit reiner Nachmittagsbetreuung gefördert werden, verteidigte Bildungsministerin Sonja Hammerschmid (SPÖ). Das geschehe, damit es keine Doppelgleisigkeiten gebe. 2017 und 2018 läuft noch das bisherige Ausbauprogramm, bei dem es Geld für beide Schulformen gibt: jene, bei der sich Unterricht und Freizeit abwechseln und die für alle Kinder verpflichtend ist, und jene, bei der es am Nachmittag Lern- und Freizeit ohne Anwesenheitspflicht gibt.

Mittelschulen haben Priorität

Dass nur zehn Prozent des Geldes für die AHS-Unterstufen vorgesehen sind, liegt laut Bildungsministerium daran, dass es dort schon jetzt deutlich mehr Ganztagsangebote gibt. Außerdem soll der Fokus auf Neuen Mittelschulen und Volksschulen zu mehr Chancengerechtigkeit beitragen: Es sei davon auszugehen, dass es an den Neuen Mittelschulen mehr Schüler gibt, deren Eltern nicht beim Lernen helfen können.

Geld kann es aus dem Paket auch für Ferienbetreuung geben. Die Infrastruktur der Schulen soll genutzt werden können, um Schüler über den Sommer zu betreuen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.11.2016)

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