Saakaschwili gibt als Gouverneur auf

Micheil Saakaschwili.
Micheil Saakaschwili.(c) REUTERS (STRINGER)
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Micheil Saakaschwili, Georgiens Ex-Präsident, wirft Staatschef Petro Poroschenko Wortbruch vor.

Odessa/Wien. Medienwirksam waren seine Auftritte, medienwirksam war auch sein Rücktritt: Micheil Saakaschwili, ehemaliger georgischer Präsident und seit Mai 2015 Gouverneur des ukrainischen Gebiets Odessa, schmiss am Montag seinen Job hin. „Ich bin noch nie so oft betrogen worden“, sagte er vor der Kulisse des Hafens, umringt von Mitarbeitern. „Ich habe es satt.“ Saubermachen in der Zollbehörde Odessa, eine neue Fernstraße in die Republik Moldau – mit diesen Projekten war er angetreten, die korrupte und heruntergewirtschaftete Stadt samt Region zu verändern.

Doch ihre Umsetzung erwies sich als schwierig. Das Symbol seines Versagens ist aber ein neues Bürgerservice-Zentrum: Erbaut nach dem Vorbild des georgischen „Justizpalasts“, wo eine Vielzahl an Dokumenten im Schnellverfahren erhältlich ist, wurde es vor wenigen Tagen geschlossen. Bürgermeister Gennadij Truchanow, einflussreicher Politiker und Unternehmer seit der Ära Janukowitsch, spielte nicht mit.

Als Präsident des kleinen Georgien hatte Saakaschwili freie Hand bei seinem radikalen Reformkurs; in der Ukraine hatte er mit vielen Gegenspielern zu kämpfen. Am Montag machte der 48-Jährige vor allem Staatschef Petro Poroschenko für seine Probleme verantwortlich. Dieser unterstütze nicht ihn, sondern korrupte Strukturen in Odessa.

Neue Partei in Gründung

Auch der örtliche Polizeichef, Georgi Lordkipanidse, erklärte seinen Rücktritt. Er begründete dies ebenfalls mit wachsender Unzufriedenheit mit der reformunwilligen Regierung in Kiew.

Aus der ukrainischen Politik zurückziehen wird sich der hyperaktive Saakaschwili wohl nicht. Im Gegenteil: Es wird schon länger vermutet, dass er landesweit durchstarten möchte. Ein Parteiprojekt namens Hwylja (Welle) soll in Gründung sein. Damit könnten sich die Konflikte mit seinem ehemaligen Förderer Poroschenko weiter zuspitzen. (som/ag.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.11.2016)

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