Irland: Abseits der großen Fußballbühne

Derrys Antwort auf Wiens Hohe Warte: das Brandywell Stadium. Das „Tobar an Fhíoruisce“, das heißt „Brunnen reinen Wassers“, ist auch bei Windhundrennen beliebt.
Derrys Antwort auf Wiens Hohe Warte: das Brandywell Stadium. Das „Tobar an Fhíoruisce“, das heißt „Brunnen reinen Wassers“, ist auch bei Windhundrennen beliebt.(c) Reuters
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Fußball kommt auf der Grünen Insel nach Rugby, Hurling oder Gaelic Football, und doch gibt es eine Liga, Halbprofis und Europacupspiele. Lukas Schubert, 27, ist Legionär bei Derry City.

Derry/Wien. Irland gilt in Fußballerkreisen nicht sonderlich als Hotspot. Die Einheimischen lechzen eher nach dem eiförmigen Rugbyball, sie lieben Hurling oder Gaelic Football. Und dennoch, in der Airtricity League – es ist eine Ganzjahresmeisterschaft und seit dem vergangenen Wochenende mit Meister Dundalk abgeschlossen – gibt es auch Entertainment. Die wenigen „Lads“ kommen dafür Woche für Woche. Und sie applaudieren in dieser eher rau anmutenden Sportart auch einem Österreicher. Lukas Schubert kickt seit einem Jahr für Derry City.

Es ist ein höchstemotionaler Auftritt, von Friedensgedanken und Lebenslust geprägt. Derry ist die zweitgrößte Stadt Nordirlands mit 85.000 Einwohnern, aber so nahe der Grenze, dass der Klub in der irischen Liga mitspielen darf. Schubert, 27, verließ Grödig, um im Sommer 2015 neue Abenteuer zu erleben – und die Folgen seiner Herzmuskelentzündung endgültig hinter sich zu lassen.

Derry City wurde Dritter, erzählt der Salzburger, der im Land von Österreichs Gegner in der WM-Qualifikation am Samstag 15 Einsätze verbucht und drei Tore geschossen hat. „Es wird dort sehr physisch gespielt, viel mehr trainiert als in Österreich. Ausruhen gibt es nicht, es wird immer sofort der direkte Weg zum Tor gesucht.“

427,89 Euro pro Woche

Teams wie Dundalk – der Verein schaffte es als zweites irisches Team der Geschichte in die Gruppenphase der Europa-League –, Cork oder die Shamrock Rovers tragen Heimspiele vor 4000 bis 5000 Zuschauern aus, erzählt Schubert. Derry kommt immerhin auf 2000 bis 3000 Fans pro Match. Dundalk gilt mit einem Etat von 1,5 Mio. Euro als Krösus der zwölf Vereine starken Liga. Es sei auch ein ganz anderes Leben als Spieler, in Österreich wäre das unvorstellbar. „Bei Derry City liegt der Maximalverdienst bei 380 Pfund netto pro Woche“, rechnet Schubert vor. Das sind umgerechnet 427,89 Euro. Zudem gibt es für Fußballer nur zehn und nicht 14 Monatsgehälter.

Durch Derry fließt der River Foyle, es gibt somit eine irisch-katholische und eine britisch-protestantische Seite. Auf der einen weht die EU-Fahne, auf der anderen der Union Jack, mit der Konfession nimmt man es bei Derry City aber nicht mehr so genau, Trainer Kenny Shiels etwa ist Protestant. „Noch vor zehn Jahren wäre ein praktizierender Protestant bei Derry City niemals engagiert worden“, meinte Schubert. Er selbst ist ohne Bekenntnis, wurde aber vom Klub auch nie nach seiner Religionszugehörigkeit befragt.

Beim nordirischen Meister von 1965 und irischen Champion der Jahre 1989 und 1997 fühlt sich Schubert wohl. „Die Leute hier haben nicht viel, sind aber unglaublich nett, offen und hilfsbereit“, sagt der 27-Jährige, dessen Vertrag mit Saisonende ausgelaufen ist. Der Salzburger würde unbedingt gern länger bleiben, diesbezügliche Verhandlungen laufen. Denn Derry darf als Dritter im Sommer in der Europa-League-Qualifikation starten. „Da könnte ich das nachholen, was ich mit Grödig versäumt habe“, meinte der Mittelfeldspieler. Bei Grödig, der Klub ist mittlerweile in der Regionalliga gelandet, hat er zumeist noch als Verteidiger. gespielt. Wegen der Herzmuskelentzündung musste er fast zwei Jahre lang pausieren – und verpasste damit die Europacup-Auftritte der Salzburger.

„Iren wären über Remis froh!“

Mittlerweile ist die Erkrankung völlig ausgeheilt, Schubert kann weiterhin Profifußball spielen – obwohl es in Irland dann doch nur ein Halbprofitum ist. Zunächst aber steht für ihn die Partie Österreich gegen Irland im Mittelpunkt, er wird am Samstag „freilich“ im Happel-Stadion sitzen. „Bei den Iren gibt es nicht so viele Ausnahmespieler wie bei uns, sie haben keinen Star, doch sie sind physisch stark“, sagte Schubert über die Auswahl von Martin O'Neill.

Aufgrund der Tabellensituation könnten die Iren mit einem Punkt zufrieden sein. „Sie werden hinten stehen und schauen, dass nichts anbrennt. Wenn sie ein Remis rüberbringen, werden sie jubeln wie über einen Sieg!“ (fin)

AUF EINEN BLICK

Lukas Schubert, 27, ist Legionär bei Derry City in der irischen Liga. Der Klub wurde Dritter, spielt somit im Sommer 2017 in der Europa-League-Qualifikation. Österreichs WM-Qualifikationsspiel gegen die Iren am Samstag (18 Uhr) im Happel-Stadion ist ein Pflichtbesuch. Er glaubt, dass die „Boys in Green“ mit einem Remis bereits zufrieden wären.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.11.2016)

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