Die Macht der Latinos und der Waffenlobby

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Eine Immigrationsreform steht seit Längerem oben auf der Agenda der Präsidenten – ebenso wie eine Verschärfung des Waffengesetzes. Die Hardcore-Fraktion der Republikaner hat aber jedes Reformvorhaben blockiert. Auch in der Infrastruktur gibt es Nachholbedarf.

Immigrationsreform. Im Süden der USA hat das Thema polarisiert wie kein anderes, und nicht zuletzt die Rekordwahlbeteiligung der Latinos zeigt, welchen Stellenwert sie einer längst überfälligen Immigrationsreform jenseits der Polemik um den ohnehin zum Teil hochgesicherten Grenzwall zu Mexiko einräumen. Offiziell gelten elf Millionen Menschen als illegale Immigranten, die Dunkelziffer dürfte noch weit höher sein.

Angesichts des tendenziell stark steigenden Anteils der Hispanics an der Bevölkerung – derzeit zwölf Prozent – und ihres Einflusses in Bundesstaaten wie Arizona, Texas und Florida wird der Druck auf Washington weiter wachsen, ein Gesetz für eine Amnestie in Gang zu bringen. Präsident Obama erließ bereits ein Dekret, das minderjährigen Immigranten den Aufenthalt in den USA gestattet – mit Aussicht auf Staatsbürgerschaft. Zugleich hat er in seiner Amtszeit mehr illegale Immigranten abgeschoben als seine Vorgänger.

Schon George W. Bush war an einer Immigrationsreform gescheitert. In der Obama-Ära hat sich eine überparteiliche Group of Eight – acht Senatoren, darunter der Republikaner Marco Rubio – zu einer Initiative zusammengeschlossen, die freilich bald auf den Widerstand der republikanischen Hardliner-Fraktion der Tea Party im Kongress gestoßen ist. Auch Rubio distanzierte sich im Wahlkampf demonstrativ von dem Vorhaben.

Infrastruktur. Im Vergleich zu europäischen Staaten fließen nur wenig öffentliche Mittel in die Infrastruktur, und nicht nur in eher armen Regionen evozieren Straßen, Brücken und Strommasten mitunter den Eindruck eines Drittweltlandes. Dass die Stromversorgung im Winter wegen Schneefalls – und des Einsturzes von Holzmasten – und von Überkapazitäten im Sommer wegen Überlastung der Klimaanlagen regelmäßig zusammenbricht, dass Schulen wegen anziehender Sturmfronten geschlossen bleiben, dass sich die US-Amerikaner auf vier- und mehrspurigen Highways stundenlang durch den Stau wälzen und die U-Bahn in der Hauptstadt Washington besonders defektanfällig ist, gehört zu den Konstanten des Alltags.

Im Zuge des Stimulus-Programms in der Rezession hat die Obama-Regierung einen Großteil des 800-Milliarden-Dollar-Pakets in die Infrastruktur und in öffentliche Einrichtungen gepumpt. Die dringend notwendige Modernisierung ist aber steckengeblieben.

Waffengesetz. An einer Verschärfung des laxen Waffengesetzes biss sich Obama die Zähne aus. Nach dem Massaker an der Sandy-Hook-Grundschule in Connecticut – 26 Menschen, darunter 20 Kinder, waren dem Massaker vor vier Jahren zum Opfer gefallen –, war der öffentliche Druck so groß wie selten zuvor, den Zugang zu halbautomatischen Gewehren zu beschränken. Doch wie jede Forderung nach rigoroseren Waffengesetzen zerschellte auch der Vorstoß an der Macht der Waffenlobby NRA – und wie jedes Mal stieg der Waffenkauf an. Schätzungen zufolge gibt es in den USA mehr Waffen als Einwohner.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.11.2016)

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