Indien schafft das Bargeld ab

Indiens Premier Narendra Modi will Bargeldreform Korruption und Schwarzgeld bekämpfen.
Indiens Premier Narendra Modi will Bargeldreform Korruption und Schwarzgeld bekämpfen.(c) APA/AFP/NOAH SEELAM
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Mit einer überraschend radikalen Bargeldreform will die indische Regierung das Land auf den Weg zur bargeldlosen Gesellschaft dirigieren.

Eigentlich sollte der indische Premierminister Narendra Modi am Dienstagabend eine eher unspektakuläre Ansprache an die Nation halten. Doch was er sagte, löste ein wirtschaftliches Beben aus, dessen Folgen noch nicht absehbar sind. Gegen 20.30 Uhr Ortszeit verkündete der mächtigste Mann Indiens, dass nur wenige Stunden später das meiste Bargeld im Land nichts mehr wert sein würde.

"Um uns aus dem Griff von Korruption und Schwarzgeld zu befreien, haben wir entschieden, dass die aktuellen 500- und 1.000-Rupien-Noten nicht mehr gültig sind", sagte Modi. Ein 1.000-Rupien-Schein, bisher die größte Banknote im Land, ist gerade einmal 13,60 Euro wert. Schon um Mitternacht sollte er nichts mehr wert sein. Die größte legale Banknote im Land ist nun der 100-Rupien-Schein - rund 1,36 Euro.

Einzelhandel leidet bereits

Schon kurz nach Modis Ansprache bildeten sich lange Schlangen vor den Bankomaten, die aber entweder gar kein Geld mehr oder nur noch minimale Beträge ausspuckten. Am Mittwoch stauten sich die Autos vor den staatlichen Tankstellen und Apotheken, die zu den wenigen Stellen gehörten, die ein paar Tage lang noch große Scheine annehmen durften. Den meisten von ihnen ging bereits in der Früh das Wechselgeld aus, was häufig zu lautstarken Auseinandersetzungen führte. Kleinere Geschäfte und Straßenhändler hatten sichtlich weniger Kunden - was angesichts fehlender Geräte für bargeldlose Zahlung auch vorerst so bleiben dürfte.

Noch bis zum 30. Dezember haben Bargeldbesitzer nun Zeit, ihr Geld zur Bank zu bringen oder gegen neu entwickelte Banknoten im Wert von 500 oder 2.000 Rupien zu tauschen, die die indische Notenbank RBI ab Donnerstag versprochen hat. Bargeld soll jedoch auch danach knapp bleiben: Gerade einmal 4.000 Rupien (54 Euro) dürfen direkt getauscht werden, der Rest muss auf ein indisches Konto eingezahlt werden. Anschließend bleiben Abhebungen an Bankomaten auf 4.000 Rupien pro Tag limitiert, wer direkt in die Filiale geht, darf pro Woche zunächst nicht mehr als 20.000 Rupien abheben.

Jeder zweite Inder ohne Bankkonto

"Eine ganze Währung so auszutauschen, wird die Wirtschaft kurzfristig bremsen", schreibt Fondsmanager Sandip Sabharwal auf Twitter. "Aber dafür werden die Bankeinlagen sprunghaft steigen und die Zinsen spürbar sinken." Die indische Regierung erhofft sich durch den Zwang zum papierlosen Geld vor allem ein Ende der Schattenwirtschaft, die verschiedenen Schätzungen zufolge ein Fünftel bis ein Viertel der indischen Wirtschaftskraft ausmacht.

Besonders schmerzhaft dürfte die Umstellung für diejenigen werden, die kein Bankkonto haben. Laut Weltbank waren das im Jahr 2014 fast die Hälfte aller Inder. "Indien bleibt eine auf Bargeld basierende Wirtschaft", beginnt selbst die indische Notenbank ihre Erklärung zur Aktion.

Zu denen, die kein indisches Konto haben, gehören auch Touristen. Ihnen erlaubt die RBI noch bis einschließlich Freitag, bis zu 5.000 Rupien in ihre eigene Währung zurück zu tauschen, jedoch ausschließlich an Wechselstuben an Flughäfen. Wie groß das wirtschaftliche Beben durch die Überraschungsreform tatsächlich wird, werden sie danach wohl nur noch aus der Ferne miterleben.

(APA/dpa)

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