Russlands Präsident Putin gratulierte als einer der Ersten. Der Kreml könnte auf Unerfahrenheit Trumps hoffen.
Moskau/Wien. Wladimir Putin war unter den ersten Staatsmännern, die Donald Trump am Mittwoch zu seinem Sieg gratulierten. Er hoffe auf konstruktiven Dialog und „gemeinsame Anstrengung für den Wiederaufbau der russisch-amerikanischen Beziehungen“.
Die Reaktion der russischen Staatsduma fiel richtiggehend euphorisch aus: Abgeordnete applaudierten angesichts der Nachricht über Trumps Triumph. Parlamentspräsident Wjatscheslaw Wolodin erklärte, eine gleichwertige Partnerschaft und gegenseitige Achtung seien für Russland wichtig.
Der Kreml-nahe Politologe Sergej Markow, der Trumps Triumph prophezeit hatte, verwies auf die „schweigende, moralische Mehrheit“ in den USA. Die Wählerschaft Trumps – „Menschen aus kleinen Städten mit konservativen Ansichten, die an Gott, Familie und Moral glauben und ehrlich arbeiten wollen“ – sei mit Putins Anhängern vergleichbar. Markow behauptete gar: „Putin und Trump haben beide das Bewusstsein von Geschäftsmännern, sie sind auf Übereinkunft ausgerichtet, nicht auf Konflikt.“
Ob die Alphamännchen Putin und Trump tatsächlich mehr teilen als ein Faible für kraftmeierische und schlüpfrige Bemerkungen, und was insbesondere von Trumps Russland-Politik zu erwarten ist, das beschäftigt Moskaus Diplomaten jetzt umso mehr. Da es Trump an außenpolitischer Erfahrung mangelt, könnte sich der Kreml gute Chancen auf einem Kriegsschauplatz wie Syrien ausrechnen, wo Russland derzeit bereits die internationale Gemeinschaft vor sich her treibt. Ebenso scheint man auf pragmatische Pakte zu hoffen. Im Fall der Ukraine, in der Trumps Kür Nervosität auslöste, wird Moskau sein bevorzugtes Szenario (Schwächung der Kiewer Regierung, De-facto-Kontrolle über bestimmte Regionen durch Autonomie, Sanktionsabbau) umzusetzen trachten.
Russische Regimemedien präsentierten Trump stets als exzentrischen Kandidaten, als unterstützenswerten „Anti-Clinton“. In der Wahlnacht hatten sie westlichen Medien eines voraus: Der Milliardär galt hier von Anfang an als Sieger. Trumps Triumph war für viele Russen daher kein Schock. (som)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.11.2016)