Alessandro Schöpf könnte am Samstag gegen Irland zu seinem Startelfdebüt in einem Pflichtspiel kommen. Der Schalke-Legionär, 22, fordert: „ Wir müssen diesen Kampf annehmen.“
Wien. Schadenfreude hat im Fußballgeschäft keinen Platz, schon der gute Ton unter Kollegen verbietet sie. Deshalb hat Alessandro Schöpf natürlich keine Luftsprünge gemacht, als er von Zlatko Junuzovićs verletzungsbedingter Absage für das WM-Qualifikationsspiel gegen Irland (Samstag, 18 Uhr, live in ORF eins) erfahren hat. Dabei sollte er der große Profiteur dieses Unglücks sein, die plötzlich frei gewordene Position im zentralen Mittelfeld scheint niemand besser ausfüllen zu können als der Schalke-Legionär.
Bei der für Österreich enttäuschend verlaufenen EM in Frankreich war neben Torhüter Robert Almer nur Schöpf ein gefühlter Sieger unter den vielen Verlierern. Viele Beobachter hätten den formstarken 22-Jährigen schon bei der Endrunde gern in der Startaufstellung gesehen, Teamchef Marcel Koller verfolgte andere Ideen – es reichte nur zu drei Einsätzen als Joker. Mittlerweile sind fünf Monate vergangen, Schöpf hat sich bei Schalke als Stammkraft etabliert und dürfte nach dem Junuzović-Out zu Recht auf einen Startplatz gegen Irland pochen, einzig, er tut es nicht.
Die Geduld des Tirolers scheint in dieser Causa nicht enden wollend. Natürlich sei es das Ziel eines jeden Fußballers, von Beginn an zu spielen, forsch Forderungen zu stellen oder laute Kampfansagen auszusprechen ist aber so gar nicht der Stil des Alessandro Schöpf. Er sagt, in aller Demut und Bescheidenheit: „Ich versuche einfach immer der Mannschaft zu helfen.“
Kilometerfresser
Schöpf, diesbezüglich gibt es praktisch keine Gegenstimmen, ist eines der Gesichter der Zukunft in der österreichischen Nationalmannschaft. Einst wie David Alaba beim FC Bayern ausgebildet, empfahl er sich durch starke Leistungen in Nürnberg für ein Engagement bei Schalke 04. In Gelsenkirchen setzt Schöpf nun zum nächsten Überholmanöver an, der Offensivgeist hat sich nach anfänglichen Schwierigkeiten in den vergangenen Wochen in die Startelf von Trainer Markus Weinzierl gedribbelt. Eine Systemumstellung habe den Erfolg gebracht. „Wir spielen jetzt mit einer Dreierkette in der Abwehr und einem Fünfer-Mittelfeld“, erläutert Schöpf, der nicht im favorisierten Zentrum, sondern am rechten Flügel seinen Platz gefunden hat.
Er erzählt von Freiheiten im Spiel nach vorn und Verpflichtungen in der Rückwärtsbewegung, Laufarbeit habe er aber ohnehin nie gescheut. Nicht selten spult Schöpf 13 Kilometer in einem Spiel ab, im Nationalteam können nur Julian Baumgartlinger und Junuzović Schritt halten. Gegen Irland wird es mitunter darauf ankommen, die von Koller häufig zitierten Extrameter zu laufen, sich dafür nicht zu schade zu sein. Das Spiel wird also auch zu einer Frage der Einstellung, des Willens. „Es gilt, den Kampf anzunehmen, sich den Zweikämpfen zu stellen“, sagt Schöpf, der einen tief stehenden und auf Konter lauernden Gegner erwartet.
Das vierte Spiel in der laufenden WM-Qualifikation hat durchaus richtungsweisenden Charakter, die Ausgangssituation der Iren ist eine weitaus angenehmere. Das ÖFB-Team ist praktisch zum Siegen verdammt, will es weiterhin in seriösem Ton von einer möglichen Endrundenqualifikation sprechen. Im Lager der rot-weiß-roten Teamkicker ist man gerade wegen der Wichtigkeit dieses Spiels um Ruhe und Fokussierung bemüht. Schöpf, mit der Aussicht auf sein Startelfdebüt in einem Pflichtspiel, sagt: „Wir dürfen nicht zu verkrampft an die Sache herangehen, dürfen nicht denken: ,Wenn wir verlieren, ist alles vorbei.‘“ Die ernüchternde Wahrheit würde freilich etwas anders aussehen.
WM-Qualifikation Gruppe D
SP S U N TORE P
1.Serbien32108:47
2.Irland32106:37
3.Wales31207:35
4.Österreich31116:64
5.Georgien30122:41
6.Moldau30031:100
Samstag: Österreich – Irland (18 Uhr, live in ORF eins), Georgien – Moldau (18), Wales – Serbien (20.45).
Fahrplan: 24. 3. 2017: Österreich – Moldau, 11. 6.: Irland – Österreich, 2. 9.: Wales – Österreich, 5. 9.: Österreich – Georgien, 6. 10.: Österreich – Serbien, 9. 10.: Moldau – Österreich.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.11.2016)