„Cumhuriyet“-Herausgeber in Istanbul festgenommen

Die Staatsmacht verstärkt ihr Vorgehen gegen die Oppositionszeitung „Cumhuriyet“
Die Staatsmacht verstärkt ihr Vorgehen gegen die Oppositionszeitung „Cumhuriyet“ APA/AFP/OZAN KOSE
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Die türkische Polizei nahm Akin Atalay bei seiner Einreise aus Deutschland fest. Es ist ein weiterer schwerer Schlag der Behörden gegen die kritische Zeitung „Cumhuriyet“.

Der Herausgeber der türkischen Oppositionszeitung „Cumhuriyet“ („Republik“) ist am Freitag in Istanbul festgenommen worden. Akin Atalay sei am Atatürk-Flughafen festgenommen worden, als er dort aus Deutschland eintraf, berichtete die Zeitung „Cumhuriyet“ auf ihrer Homepage. Die türkische Führung geht seit dem gescheiterten Putsch Mitte Juli massiv gegen oppositionelle Medien vor und ließ vergangene Woche neun Mitarbeiter der Zeitung wegen angeblicher „terroristischer Aktivitäten“ inhaftieren.

Die türkische Staatsanwaltschaft wirft „Cumhuriyet“ vor, in ihrer Berichterstattung den gescheiterten Militärputsch Mitte Juli „legitimiert“ und Straftaten zugunsten der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) und der Bewegung des Predigers Fethullah Gülen begangen zu haben. Gülen wird von der türkischen Regierung für den Putschversuch verantwortlich gemacht.

Bizarre Vorwürfe

„Cumhuriyet“ ausgerechnet Verbindungen zu Gülen zu unterstellen, wirkt freilich bizarr: Denn in der Vergangenheit hatte „Cumhuriyet“ stets kritisch über die Gülenbewegung berichtet. Zudem war die Zeitung wegen ihrer kritischen Berichterstattung über die türkische Führung rund um Recep Tyyip Erdogan massiv von Gülen-treuen Medien angegriffen worden - freilich zu der Zeit, als Erdogan und Gülen noch gemeinsame Sache machten.

Bereits Ende Oktober waren „Cumhuriyet“-Chefredakteur Murat Sabuncu und zahlreiche weitere Journalisten der Zeitung verhaftet worden. Auch der vorige „Cumhuriyet“-Chefredakteur Can Dündar wurde im Mai nach der Veröffentlichung eines Artikels über Waffenlieferungen des türkischen Geheimdienstes an jihadistische Gruppen in Syrien zu fünf Jahren und zehn Monaten Gefängnis verurteilt. Im Februar wurde er bis zum Berufungsverfahren auf freien Fuß gesetzt. Im Juli verließ Dündar die Türkei und lebt seither in Deutschland.

(APA/red.)

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