Warum sich Osteuropa auf Trump freut

US-POLITICS-OBAMA-TRUMP
Donald TrumpAPA/AFP/JIM WATSON
  • Drucken

Trump dürfte Populisten in Ostmitteleuropa besser behandeln als Obama. Moskau könnte er aber zu sehr gewähren lassen.

Budapest. US-Präsident Barack Obama erwähnte Ungarn einmal in einem Atemzug mit den scheußlichsten Gewaltregimen des Nahen Ostens, weil es dort an Freiheit mangele – eine Demütigung für Premier Viktor Orbán. Doch wer zuletzt lacht, lacht am besten: Orbán hat als einziger europäischer Regierungschef die Kandidatur von Donald Trump offen unterstützt und bewies damit einmal mehr Gespür für das, was kommt.

Trump wird es ihm sicher nicht vergessen. Ungarns Grenzzaun mag er wahrscheinlich. Anders als die Obama-Regierung wird er Ungarn bestimmt nicht ständig mahnen, es müsse liberaler werden und mehr auf Zivilgesellschaft und Pressefreiheit achten.

Auch die Polen wird er nicht damit nerven, und überhaupt alle Regierungen in Ostmitteleuropa, die auf politische Korrektheit pfeifen. Die Visegrád-Länder (Ungarn, Tschechien, Slowakei, Polen) werden künftig weniger mit Druck aus Amerika zu kämpfen haben. Ein Grund für diesen Druck war die bisherige harte amerikanische Russlandpolitik. Mit Ausnahme Polens und des Baltikums lehnen die meisten Länder der Region die Sanktionen gegen Russland ab und fordern „pragmatischere“ Beziehungen mit Moskau. Das will auch Donald Trump. Von einer Aufweichung der Sanktionen würde Ostmitteleuropa wirtschaftlich profitieren. Genau in dieser Haltung liegt aber eine Gefahr für Polen, die Ukraine und das Baltikum. Wenn Trump tatsächlich die Nato abwertet und Russland mehr Raum lässt für sein Streben nach Einfluss im früheren Ostblock, kann dies besonders die baltischen Staaten in Not bringen.

Die faktische Anerkennung einer russischen Einflusssphäre in Europa hätte auch Folgen für Serbien, Montenegro, Bosnien und Herzegowina und Bulgarien. Russische Einmischung dort kann Konflikte schüren und zu einem Auseinanderbrechen Bosnien und Herzegowinas führen – wenn die dortigen Serben sich unter dem Schutz Trumpschen Desinteresses abspalten und mit dem serbischen Mutterland fusionieren sollten. Russische Agenten sind in der Region unterwegs, um solche Bestrebungen zu fördern.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.11.2016)


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.